Vor allem wegen strengeren Grenzschutzes und des Sturzes des Assad-Regimes in Syrien sind im laufenden Jahr bis Ende November nur halb so viele Asylbewerber nach Deutschland gekommen wie im Vorjahreszeitraum. Dies zeigen die am Mittwoch vorgelegten Daten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Dennoch wurden 2025 schon 106.298 Asylerstanträge gestellt. Im November waren es 8311, schon seit dem Frühling verharren die monatlichen Anträge auf diesem Niveau – mal sind es rund 1000 mehr, mal 1000 weniger.

Um in die Nähe der von Friedrich Merz (CDU) im Bundestagswahlkampf formulierten Ziele zu gelangen, ist es noch ein weiter Weg: Im Januar hatte der heutige Kanzler angekündigt, im Falle eines Wahlsieges, würden „ausnahmslos alle Versuche der illegalen Einreise“ an den Grenzen verhindert. Neben diesem „faktischen Einreiseverbot in die Bundesrepublik Deutschland für alle“ Personen ohne gültige Einreisedokumente versprach Merz damals, „die Zahl der täglichen Abschiebungen“ solle künftig „deutlich höher werden als die Zahl der täglich illegal Einreisenden“.

Bis Ende Oktober wurden 2025 allerdings nur rund 20.000 Menschen abgeschoben, einige mehr als in den Vorjahren. Asylbewerber reisen mehrheitlich illegal aus den sicheren Nachbarländern Deutschlands ein. Inzwischen werden sie meistens zurückgewiesen, falls sie beim Grenzübertritt von Bundespolizisten erwischt werden. Diese zentrale Verschärfung des Grenzschutzes setzt Schwarz-Rot seit Mai um.

Mit den nun vorgelegten November-Zahlen des BAMF steht fest: 2025 ist das 13. Jahr infolge, in dem Deutschland mehr als 100.000 Asylbewerber verzeichnet. Zwischen 1998 – als die Flucht aus dem zerfallenen Jugoslawien abebbte – und 2012 lagen die Zugänge immer unter dieser Marke. Teils sogar sehr deutlich, in acht Jahren waren es weniger als 50.000 Erstanträge, den Tiefstand markiert das Jahr 2007 mit rund 19.100.

Während in Deutschland inzwischen das aktuelle Niveau von etwas mehr als 100.000 Anträgen vor dem Hintergrund der Extremphase seit Mitte des vorigen Jahrzehnts von vielen Beobachtern als relativ gering wahrgenommen wird, sorgen solche Größenordnungen in anderen Staaten für Alarmstimmung: So treibt gerade die britische Labour-Regierung eine scharfe Asylreform voran, weil dort im vergangenen Jahr erstmals in der britischen Geschichte mehr als 100.000 Asylbewerber ankamen, 2025 schon mehr als 110.000 verzeichnet worden sind und die rechte Reform-Partei von Nigel Farage die Umfragen inzwischen mit rund 30 Prozent mit großem Abstand anführt.

In Deutschland waren laut BAMF im laufenden Jahr die Hauptherkunftsländer der Asylbewerber in dieser Reihenfolge: Syrien, Afghanistan, Türkei, Somalia und Irak. Die Anerkennungsquote der Asylentscheidungen lag insgesamt bei 27 Prozent. Sie ist vor allem deshalb deutlich gesunken, weil in den vergangenen Jahren die Syrer fast immer anerkannt wurden und seit dem Sturz des Assad-Regimes nur noch selten einen Schutztitel erhalten.

Abgeschoben wurde bisher allerdings trotz aller Bemühungen noch kein Syrer, auch in die übrigen Staaten Afrikas und Asiens gelingt dies nur in wenigen Fällen.

Allerdings darf Deutschland laut dem seit Jahren geltenden EU-Asylsystem viele der hier ankommenden Asylzuwanderer – seien sie aus Syrien oder der Türkei, seien sie tatsächlich geflohen oder nur angeblich – wieder in jenen europäischen Staat zurückbringen, in dem sie erstmals in der EU registriert wurden. Dieser für Deutschland entscheidende Pfeiler des EU-Asylsystems wird aber nur schwach umgesetzt: Obwohl die mehr als 100.000 Asylantragsteller 2025 überwiegend unerlaubt aus sicheren EU-Staaten nach Deutschland weiterzogen, gab es laut BAMF bis Ende November nur 5112 solcher sogenannter Dublin-Rücküberstellungen. Für deutlich mehr, nämlich 33.845 Migranten, hatte Deutschland ein Übernahmeersuchen gestellt, 22.245 Mal stimmte der betreffende Staat zu.

Wichtige Gründe für den geringen Erfolg sind hohe Menschenrechtsstandards, nach denen deutsche Gerichte Abschiebungen etwa nach Griechenland oder Bulgarien untersagen. Auch nutzen viele Betroffene das Kirchenasyl, bis die Überstellungsfrist abgelaufen ist, oder tauchen am Tag der geplanten Abschiebung unter.

Wie schwer das geltende Recht die Rückführungspraxis macht, zeigte erst kürzlich das Bundesverfassungsgericht. In einem vor zwei Wochen veröffentlichten Beschluss stellt das Gericht klar, dass Polizisten vor der Abholung eines Abzuschiebenden, der sich in seinem Zimmer einschließt, auch dann immer vorher einen Hausdurchsuchungsbeschluss beim Amtsgericht beantragen müssen, wenn sie der Auffassung sind, ihn in seinem Zimmer gehört zu haben.

Der Verfassungsgerichtsbeschluss bezieht sich auf den Fall eines Guineers, der 2019 nach Italien überstellt werden sollte. Als die Polizisten ihn in seinem Berliner Asylheim abholen wollten, schloss er seine Tür ab. Die Polizisten meinten, ihn durch die abgeschlossene Zimmertür gehört zu haben, und brachen ohne Durchsuchungsbeschluss seine Tür auf, weil sie ihrer Auffassung nach nichts suchen mussten.

Und tatsächlich trafen sie ihn auch im Zimmer an. Der Afrikaner klagte sich durch die Instanzen, das Verwaltungsgericht gab ihm recht, das Oberverwaltungsgericht hob das Urteil wieder auf – und schließlich sprach nun Karlsruhe das letzte Wort.

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