Der Bundestag hat das Gesetz für einen neuen Wehrdienst von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) beschlossen. 596 Stimmen wurden abgegeben, 323 Abgeordnete stimmten für das Gesetz, 272 dagegen, es gab eine Enthaltung.

Pistorius und Vertreter der Union hatten den vorerst weiterhin freiwilligen Dienst in der Debatte verteidigt, der nun aber mit einer verpflichtenden Musterung verbunden wird. Grüne, Linke und AfD lehnten die Pläne in der Debatte aus unterschiedlichen Gründen ab. Bundesweit gab es am Freitag Aufrufe zu Schulstreiks gegen die Wehrdienstpläne.

Pistorius‘ Pläne sehen vor, dass alle 18-jährigen Männer ab dem kommenden Jahr einen Fragebogen zum Interesse am Wehrdienst ausfüllen müssen. Für sie ist dann auch die Musterung verpflichtend. Die Entscheidung für den Dienst an der Waffe bleibt aber bis auf Weiteres freiwillig.

Das Verteidigungsministerium muss dem Parlament aufgeschlüsselt die Zahlen der Freiwilligen ab 2027 alle sechs Monate vorlegen. Reichen sie nicht aus, kann per Bundestagsbeschluss die sogenannte Bedarfswehrpflicht ausgerufen werden. Dann ist auch eine zwangsweise Musterung und Einberufung möglich. Die Details dazu sollen in einem Extra-Gesetz ausgearbeitet werden.

Pistorius hatte vor der Abstimmung im Bundestag betont, dass der Wehrdienst freiwillig sei und es auch bleibe – „wenn alles so gut läuft, wie wir es uns versprechen“. Es werde niemand „zu irgendetwas“ gezwungen, außer zur Abgabe eines Fragebogens. Gleichzeitig sei klar: „Dieser Staat schützt sich nicht von alleine“, das müssten Menschen tun, „und nicht die, die hinterm Gartenzaun stehen und warten, dass andere das machen“.

Auch viele andere Länder hätten „auf die Bedrohungslage reagiert“ und sich stärker auf die Wehrpflicht fokussiert. „Unsere Partner schauen auf uns, unsere Alliierten schauen auf Deutschland“, betonte Pistorius. Die Verbündeten würden ihm immer wieder zu verstehen geben, dass es „gut“ sei, was in Deutschland in puncto Stärkung der Verteidigungsbereitschaft passiere.

„Be my guest“, sagt Pistorius zu jungen Demonstranten

Die Ansicht, junge Menschen würden sich nicht mehr einbringen wollen, wie es in der Diskussion teils zu hören war, halte er im Übrigen für falsch: „Es sind viel mehr bereit, Verantwortung zu übernehmen, als uns Teile des Parlaments oder Teile der Öffentlichkeit glauben machen wollen“, so Pistorius. Die Proteste gegen die Wehrpflicht finde er „übrigens großartig“. Dass junge Menschen für ihre Ansichten auf die Straße gingen, sei positiv: „Be my guest, so soll es sein“, sagte Pistorius.

Der Bundesrat muss dem Vorhaben noch zustimmen. Das Gesetz soll ab Januar 2026 greifen. Die frühere Wehrpflicht wurde 2011 ausgesetzt.

Hintergrund der Wehrdienst-Reform sind neue Vorgaben der Nato zu Personalstärken vor dem Hintergrund der erhöhten Bedrohung durch Russland. Demnach muss Deutschland bis 2035 im Krisen- und Kriegsfall rund 460.000 Soldaten bereitstellen können. Pistorius plant dafür die Aufstockung der Bundeswehr auf rund 260.000 Soldaten sowie die Erhöhung der einsetzbaren Reservisten auf rund 200.000. Nach der Debatte stimmten die Abgeordneten auf Antrag der AfD namentlich über die Pläne ab.

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