Die Zukunft von Wortschöpfungen wie „Tofu-Wurst“, „Soja-Schnitzel“ oder „Veggie-Burger“ bleibt in der EU vorerst offen. Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments konnten sich nach intensiven Verhandlungen in Brüssel zunächst nicht auf neue Vorgaben einigen, wie Verhandlungsteilnehmer der Deutschen Presse-Agentur bestätigten. Die Entscheidung wurde auf einen späteren Zeitpunkt vertagt.

Das Europaparlament hatte sich im Oktober mehrheitlich dafür ausgesprochen, dass vegetarische Fleischersatzprodukte künftig nicht mehr Burger, Schnitzel und Wurst heißen sollen. Dafür stimmte die Rechtsaußenfraktion und Teile der konservativen EVP-Fraktion, zu der auch CDU und CSU gehören.

Den Antrag hatte eine Abgeordnete der französischen Konservativen, Céline Imart, eingebracht. Er wird mit dem Schutz von Verbrauchern und Landwirten begründet. Imart sagte nach Ende der Verhandlungsrunde, dass die Gespräche im kommenden Jahr fortgesetzt würden. Sie werde weiterhin für die Parlamentsposition kämpfen.

„Es geht um Transparenz und Klarheit für den Verbraucher und um Anerkennung für die Arbeit unserer Landwirte“, hatte Imart in einer Parlamentsdebatte zum Thema gesagt. Die im Supermarkt gebräuchlichen Bezeichnungen seien irreführend. Damit die Vorgaben in Kraft treten können, ist aber eine Mehrheit auch unter den EU-Staaten nötig.

Niederländische Abgeordnete spricht von „Populismus“

Und genau daran scheitert es bisher. „Das Verbot des Veggie-Burgers hilft keinem Landwirt. Es ist einfach nur kurzfristiger Populismus“, kritisiert die an den Verhandlungen beteiligte niederländische Volt-Abgeordnete Anna Strolenberg. Es sei frustrierend, dass Zeit mit der Debatte über diesen Vorschlag verloren gegangen sei. Neben der Verbotsdebatte ging es bei dem Vorhaben darum, die Rolle von Landwirten grundsätzlich zu stärken.

Deutsche Unternehmen lobbyieren derzeit gegen das Verbot. Deutschland ist nach Angaben von Wirtschaftsvertretern der größte Markt für pflanzliche Alternativprodukte in Europa. Firmen müssten Produkte umbenennen und könnten sie womöglich nicht mehr so einfach vermarkten.

Mehrere Handelsunternehmen – darunter die Discounter Aldi Süd und Lidl, die Burgerkette Burger King sowie Hersteller wie Beyond Meat – haben sich in einem gemeinsamen Brief gegen das Vorhaben ausgesprochen. Die vertrauten Begriffe böten Orientierung und ermöglichten bewusste Kaufentscheidungen, heißt es darin. Ein Verbot würde den Verkauf erschweren. „Von dem drohenden wirtschaftlichen Schaden wäre Deutschland besonders betroffen.“

Bundesagrarminister Alois Rainer (CSU) sprach sich dann auch gegen ein Verbot aus. Ein Verbot würde „unglaublich hohe Kosten für die Wirtschaft“ sowie Bürokratie verursachen. „Ich stehe für Bürokratieabbau, deshalb unterstütze ich diesen Vorschlag nicht.“

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte sich im Oktober noch hinter die Pläne gestellt. „Eine Wurst ist eine Wurst. Wurst ist nicht vegan“, hatte Merz in der ARD-Sendung „Caren Miosga“ gesagt.

Jeder zweite Deutsche begrüßt „Veggie-Wurst“-Begriffsverbot

Jeder zweite Verbraucher (50 Prozent) in Deutschland befürwortet laut einer Anfang Oktober durchgeführten repräsentativen Umfrage im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur, dass Bezeichnungen wie Schnitzel oder Wurst ausschließlich für tierische Produkte verwendet werden dürfen und pflanzliche Alternativen andere Namen tragen müssen. 28 Prozent lehnen dies ab, 21 Prozent machten keine Angabe. Nur knapp jedem Vierten (24 Prozent) ist es wichtig, dass sich das EU-Parlament mit der Frage befasst.

Zu Befürwortern aus Unternehmenskreisen gehört auch der Verband der Fleischwirtschaft. „Fleisch sollte als wertvolles tierisches Lebensmittel klar von anderen Artikeln unterschieden werden können, ohne dass man dadurch einen Kulturkampf entfacht“, sagt Geschäftsführer Steffen Reiter.

Bereits 2020 ging es im Europaparlament um die „Veggie-Wurst“: Damals entschieden die Abgeordneten, dass Fleisch-Ersatzprodukte weiterhin Bezeichnungen wie „Steak“, „Burger“ tragen dürfen. Anders sieht es in der EU bei Bezeichnungen für Milch aus. Namen, die das Wort „Milch“ enthalten, dürfen beispielsweise nicht für Getränke verwendet werden, die aus Pflanzen wie Hafer oder Soja gewonnen werden.

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