Der Gelsenkirchener Stadtrat hat den AfD-Politiker Norbert Emmerich überraschend zum stellvertretenden Bürgermeister gewählt. Nach Berichten der ARD und lokaler Medien erhielt Emmerich in der geheimen Abstimmung alle Stimmen seiner Fraktion sowie drei zusätzliche Stimmen aus anderen Parteien. Insgesamt kam er damit auf 23 Stimmen.
SPD und CDU hatten zuvor eine gemeinsame Liste aufgestellt, um eine Zusammenarbeit mit der AfD auszuschließen und ihre beiden Kandidaten – Manfred Leichtweis (SPD) als Ersten und Werner Wöll (CDU) als Zweiten Bürgermeister – durchzusetzen. Die Liste wurde mit 43 Stimmen gewählt. Aufgrund des in Gelsenkirchen angewandten D’Hondt-Verfahrens, bei dem für den zweiten Bürgermeisterposten nur die Hälfte der abgegebenen Stimmen zählt, reichten Emmerichs 23 Stimmen jedoch aus, um den CDU-Kandidaten Wöll zu überholen.
Emmerich zeigte sich nach der Wahl überrascht. „Mir fehlen die Worte. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass wir drei Stimmen mehr kriegen, als wir im Rat haben“, sagte er dem „WDR“. Aus welchen Fraktionen die zusätzlichen Stimmen stammen, ist unbekannt.
Die Wahl sei fair, weil man als Fraktion ja praktisch genau so stark wie die SPD sei. „Da sieht man wieder, man kann im Hinterzimmer kungeln, soviel man will“, so Emmerich, „es gibt ehrliche Menschen, die sagen, wir lassen uns nicht verbiegen.“
Reaktionen: „Politische Arbeit für die nächsten Jahre schwer beschädigt“
Nach der Wahl reagierten Vertreter von CDU und SPD mit deutlicher Kritik. „Wir haben eben aus Sicht der CDU ein Desaster erlebt“, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Sascha Kurth dem WDR. Die drei Mitglieder des Stadtrats, die zusätzlich für den AfD-Kandidaten gestimmt hätten, hätten damit „die politische Arbeit für die nächsten Jahre schwer beschädigt“.
Auch die SPD äußerte sich scharf zu dem Vorgang. Noch deutlicher formulierte es der SPD-Fraktionsvorsitzende Dominic Schneider gegenüber dem WDR: „Die drei sollten sich wirklich fragen, ob sie Demokraten sind.“ Die AfD in Gelsenkirchen sei „in Teilen faschistisch“. Dass die zusätzlichen Stimmen aus der SPD-Fraktion stammen könnten, schloss Schneider aus. Sein Fazit: „Ein schlechter Tag für Gelsenkirchen.“
Der 72-jährige ehemalige Bankkaufmann war bereits zur Oberbürgermeisterwahl in Gelsenkirchen angetreten, hatte die Stichwahl gegen die amtierende Oberbürgermeisterin Andrea Henze jedoch verloren. In der laufenden Wahlperiode gehört Emmerich als ehrenamtlicher Stadtverordneter dem Rat an und führt die AfD-Fraktion. Als Zweiter Bürgermeister kann er künftig repräsentative Aufgaben der Oberbürgermeisterin übernehmen.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt beim ursprünglichen Autor. Die erneute Veröffentlichung dieses Artikels dient ausschließlich der Informationsverbreitung und stellt keine Anlageberatung dar. Bei Verstößen kontaktieren Sie uns bitte umgehend. Wir werden bei Bedarf Korrekturen oder Löschungen vornehmen. Vielen Dank.