Kurz vor Weihnachten herrscht in der US-Hauptstadt reges Besuchsprogramm für deutsche Gäste. Die Parlamentarische Versammlung der Nato tagt in Washington, mehr als 130 Abgeordnete sind angereist, darunter auch Vertreter der Union und der Alternative für Deutschland (AfD).

Für Aufsehen sorgt weniger die Nato-Versammlung, sondern das Besuchsprogramm einiger AfD-Politiker in Washington. Nach WELT-Information gehören dazu Treffen mit einer höherrangigen Vertreterin der MAGA-Fraktion im US-Außenministerium als auch mit der republikanischen Abgeordneten Anna Paulina Luna, eine MAGA-Politikerin aus Florida.

Nach der Veröffentlichung der neuen Nationalen Sicherheitsstrategie (NSS) fühlt sich die AfD vollends beflügelt, den Kontakt zum rechten Rand der Regierung von Donald Trump zu suchen. „Der wachsende Einfluss patriotischer Parteien gibt Amerika Grund zu großem Optimismus“, heißt es in der NSS. Der AfD-Bundestagsabgeordnete Markus Frohnmaier erklärte auf „X“, „die Merkel-Nachfolger und ihre Wasserträger laufen außenpolitisch nur noch hinter uns her“.

In der Realität ist Frohnmaiers Chefin Alice Weidel nach wie vor nicht offiziell nach Washington gereist, weil sie keine hochrangige Einladung aus dem Weißen Haus oder dem US-Außenministerium bekommt. Derweil unterhält die Union seit Jahrzehnten zahllose Kontakte in Washington und den USA, sowohl zu Republikanern als auch Demokraten. Zudem finden Treffen auf institutioneller Ebene statt und sind viel hochrangiger als die der AfD.

Trotzdem nutzt die AfD ein Vakuum, das die deutschen Regierungsparteien hinterlassen. „Die Union setzt vor allem auf die traditionellen Vertreter der Republikaner. Zum harten MAGA-Kern gibt es meines Wissens nach keine tiefen Verbindungen“, sagt Jörn Fleck, Direktor des Europe Center am Atlantic Council. Gleichzeitig sei „Deutschland in Gefahr, zu einem parteipolitischen Thema zu werden. Da kann man sich nicht mehr darauf verlassen, dass die Kontakte zur alten Garde ausreichen.“

Anders als die AfD kalkulieren CDU und CSU bei ihrem US-Besuchsprogramm die Reaktion zu Hause ein. Selbst als die Union noch in der Opposition war, sorgten Treffen mit Trump-nahen Republikanern für einen Aufschrei in Medien und Öffentlichkeit. Etwa als die CSU-Bundestagsabgeordneten Andreas Scheuer und Dorothee Bär und im Mai 2023 Floridas Gouverneur Ron DeSantis trafen. Er gehört zur MAGA-Bewegung, seinerzeit wurden DeSantis Chancen auf die Nominierung für die Präsidentschaftswahl 2024 zugetraut.

Oder aber die Teilnahme von Unions-Vertretern bei Konferenzen in Deutschland, an denen beispielsweise der Trump-Vertraute Lindsey Graham teilnahm. Graham gilt heute angesichts des Rechtsrucks der Trump-Regierung als moderater Republikaner, der für die fortgesetzte Ukraine-Hilfe eintritt. Auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sagte in seiner Oppositionszeit Treffen mit Graham aus innenpolitischem Kalkül ab.

Zu den Unions-Politikern, die seit Jahren häufig nach Washington reisen und langjährige Kontakte pflegen, gehört CSU-Mann Thomas Silberhorn. „In der Fraktion haben wir kürzlich einen Arbeitskreis transatlantische Beziehungen gegründet. Wir wollen da präsenter sein“, räumt der Sprecher der Bundestagsfraktion für transatlantische Beziehungen räumt ein. Und schränkt im Gespräch mit WELT ein: „Deshalb ahmen wir aber nicht wie die AfD die MAGA-Republikaner nach. Wir wollen ein starkes Europa, nur dann sind wir als Partner relevant.“ Auch der CDU-Abgeordnete Peter Beyer warnt vor einem Wettbewerb mit der AfD. „Extreme und Radikale sollten wir nicht durch persönliche Treffen in Ihrem Treiben auch noch bestärken“, sagte er WELT.

Beziehungen zu extremen MAGA-Vertretern

Bisher beschränken sich die Kontakte der AfD vor allem auf Beziehungen zu extremen MAGA-Vertretern, wie den Young Republicans in New York. Gern brüsten sich junge deutsche Erzkonservative auch mit Besuchen bei MAGA-Partys oder seinerzeit mit Instagram-Fotos von ihrer Visite in Mar-a-Lago nach dem Wahlsieg von Donald Trump. „Wir sind zugegeben bisher nicht nach Mar-a-Lago eingeladen worden“, räumt ein deutscher Unionsmann ein. Aufmerksam verfolgen in Washington deshalb deutsche Beobachter, ob die AfD nachhaltig Kontakte in die wirklich machtvollen Ebenen in Kongress und der Administration aufbauen kann.

Nach WELT-Recherchen ist die Republikanerin Luna die einzige Kongress-Abgeordnete, die Frohnmaier am Freitag gemeinsam mit seiner AfD-Parteifreundin Anna Rathert trifft. Luna hatte sich zuletzt persönlich für den Antrag auf politisches Asyl von Naomi Seibt eingesetzt. Die deutsche Influencerin behauptet, sie werde in Deutschland verfolgt und müsse um ihre Leben fürchten. WELT-Recherchen konnten dies nicht bestätigen.

Luna, die neben der bekannten Abgeordneten Marjorie Taylor Greene zum offen Russland-freundlichen Flügel gehört, setzte diese Woche einen Post des russischen Botschafters in Washington, Alexander Darchiev, auf ihren „X“-Account. Sie hatte ihn zu ihrer Weihnachtsfeier im Repräsentantenhaus eingeladen. „Wir arbeiten weiter daran, die russisch-amerikanischen Beziehungen wieder großartig zu machen“, bedankte sich Darchiev.

Stefanie Bolzen berichtet für WELT seit 2023 als US-Korrespondentin aus Washington, D.C. Zuvor war sie Korrespondentin in London und Brüssel. Hier finden Sie alle ihre Artikel.

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