Vor dem Treffen verschiedener europäischer Staats- und Regierungschefs am Montagabend im Bundeskanzleramt hat Franziska Brantner, die Co-Vorsitzende der Grünen, die unterschiedlichen politischen Signale des Bundeskanzlers an die EU und ihre Mitgliedstaaten scharf angegriffen. „Friedrich Merz taumelt auf der internationalen Bühne zwischen nationalen Alleingängen und europäischem Anspruch“, sagte sie dem „Tagesspiegel“.

„Erst bietet er Deutschland den USA als Ersatzlösung an, wenn die USA mit Europa nichts mehr anfangen können, nur um sich kurz darauf als Gastgeber eines europäischen Gipfels zu inszenieren.“ Dies sei „kein strategischer Kurs, sondern politisches Zickzack“, erklärte die Grüne vor dem Hintergrund, dass am Sonntag Vorgespräche mit Amerikanern und der Ukraine ohne die EU-Staaten stattfanden. Auch hatte Merz vor wenigen Tagen missverständlich gesagt, die USA sollten „wenigstens Deutschland“ zu ihrem Partner machen, wenn sie schon mit Europa nicht so viel anfangen könnten.

FDP-Außenpolitikerin Agnes Strack-Zimmermann warnte unterdessen vor einer deutschen Sonderrolle in den Ukraine-Verhandlungen. „Dass über einen möglichen Frieden gesprochen wird, ist gut. Dies darf jedoch keine ausschließlich deutsche Angelegenheit sein, sondern ganz Europa muss an der Seite der Ukraine sitzen“, sagte Strack-Zimmermann ebenfalls dem „Tagesspiegel“.

„Der Versuch Putins wie auch Trumps, Europa zu spalten, ist mehr denn je offensichtlich. In diese Falle sollte der Bundeskanzler nicht tappen“, sagte Strack-Zimmermann weiter. Mit Blick auf die Gespräche am Montag in Berlin sagte sie: „Den Ukrainern gegenüber sitzen die Vereinigten Staaten und verhandeln im Interesse Russlands und augenscheinlich auch im eigenen wirtschaftlichen Interesse.“

„Weder wünschenswert noch zielführend“

Als „lobenswert“ bezeichnete der frühere Luxemburger Außenminister Jean Asselborn die diplomatische Initiative des Kanzlers zur Ukraine. Zugleich kritisierte auch er die vorangegangenen Aussagen: „Jede nationale Initiative, losgelöst vom Gemeinschaftsgedanken in der EU, ist weder wünschenswert noch zielführend“, sagte er dem „Tagesspiegel“, „vor allem nicht vom stärksten EU-Mitgliedstaat“.

Brantner wie Asselborn forderten den Kanzler auf, gerade jetzt die EU-Integration voranzutreiben. „In dieser geopolitischen Lage braucht es Mut und Willenskraft, die nächsten Schritte der europäischen Einigung entschlossen voranzubringen – für gemeinsame Sicherheit und echte Handlungsfähigkeit“, sagte die Grüne. „Der einzig gangbare Weg, um uns zu behaupten, ist zu zeigen, dass wir die Bezeichnung ‚Union‘ nicht aus unserem Namen gestrichen haben“, erklärte Asselborn.

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