Ein umfassendes Verteidigungsgesetz, über das der US-Senat kommende Woche abstimmt, legt dem Pentagon bei einer künftigen Reduzierung amerikanischer Truppen in Europa Fesseln an. Wird das mit dem Jahresbudget verbundene Gesetz angenommen – und danach sieht es aus –, kommt dies einem parteiübergreifenden Dämpfer für Maßnahmen der Trump-Regierung gleich. Nach Ansicht von Republikanern und Demokraten hätten die Schritte die Bündnisverpflichtungen der USA auf dem europäischen Kontinent infrage stellen können.
In dem Entwurf, der das Repräsentantenhaus bereits mit einem klaren Votum von 312 zu 112 Stimmen passiert hat, heißt es: „Keiner der Beträge, die durch dieses Gesetz bewilligt oder anderweitig für das Haushaltsjahr 2026 genehmigt werden, dürfen verwendet oder ausgegeben werden, um die Gesamtzahl der Mitglieder der Streitkräfte, die dauerhaft im Zuständigkeitsbereich des United States European Command stationiert oder eingesetzt sind, für einen Zeitraum von mehr als 45 Tagen auf unter 76.000 zu reduzieren.“
Die Zahl der derzeit in Europa stationierten US-Soldaten liegt zwischen 80.000 und 100.000, abhängig davon, ob rotierende Kräfte eingerechnet werden. Die militärischen Fähigkeiten der amerikanischen Truppen vor allem bei Luftabwehr und Logistik gelten als existenziell für die Sicherheit Europas, weil europäische Staaten diese Lücken nicht füllen könnten.
Der Vorstoß steht in starkem Kontrast zu Präsident Donald Trumps neuer Nationaler Sicherheitsstrategie (NSS), die europäische Verbündete scharf kritisiert und nahegelegt hatte, dass sich der Kontinent in einem kulturellen Niedergang befindet.
Der „National Defense Authorization Act“ (NDAA) – der jedes Jahr das Programm und die Politik des Pentagon durch den Kongress bestätigt – war monatelang in Arbeit. Der endgültige Gesetzentwurf ist das Ergebnis wochenlanger Verhandlungen zwischen der Führung von Repräsentantenhaus und Senat aus beiden Parteien, den Vorsitzenden der Verteidigungsausschüsse sowie dem Weißen Haus.
Parteifreunde positionieren sich gegen Trump
Sowohl der Gesetzesentwurf des Repräsentantenhauses als auch der des Senats spiegeln parteiübergreifende Bedenken wider, dass die Trump-Regierung eine deutliche Verringerung des Militärengagements in Europa anstreben könnte. Beide Vorlagen enthielten Formulierungen, die Anforderungen festlegen, die das Pentagon erfüllen muss, bevor die Truppenstärke auf dem Kontinent unter bestimmte Schwellenwerte sinken darf.
Die Debatte um das Gesetz zeigt auch, dass sich Trumps Parteifreunde zunehmend gegen den Präsidenten positionieren. So argumentierten die jeweiligen republikanischen Vorsitzenden im Verteidigungsausschuss des Senats, Roger Wicker, und im Verteidigungsausschusses des Repräsentantenhauses, Mike Rogers, dass Truppenreduzierungen – wie die jüngste Entscheidung, eine rotierende Armeebrigade aus Rumänien abzuziehen – Aggressionen Russlands begünstigen würden.
„Diese Entscheidung sendet ein falsches Signal an Russland, gerade jetzt, wo Präsident Trump Druck ausübt, um Wladimir Putin an den Verhandlungstisch zu zwingen, um einen dauerhaften Frieden in der Ukraine zu erreichen“, hatte Senator Wicker bereits vor einigen Wochen erklärt.
Der endgültige Gesetzentwurf hindert das Pentagon nun daran, die Zahl der dauerhaft in Europa stationierten oder eingesetzten Soldaten für länger als 45 Tage unter 76.000 zu senken, bis Verteidigungsminister Pete Hegseth und der Oberkommandierende des US-Europakommandos dem Kongress bescheinigen, dass dies im nationalen Sicherheitsinteresse der USA liege und Nato-Verbündete konsultiert wurden. Zudem müssten sie Einschätzungen über die Folgen einer solchen Entscheidung vorlegen.
Das Gesetz wendet dieselben Bedingungen an, um zu verhindern, dass die USA die Rolle des Oberbefehlshabers der Alliierten Streitkräfte in Europa (Nato Supreme Allied Commander Europe) aufgeben – eine Position, die traditionell gleichzeitig vom Kommandeur des US-Europakommandos wahrgenommen wird.
Die endgültige NDAA-Vereinbarung empfiehlt zudem eine Anhebung des Verteidigungsbudgets um acht Milliarden US-Dollar, sodass sich insgesamt rund 901 Milliarden Dollar für das Pentagon, die Entwicklung von Atomwaffen und andere nationale Sicherheitsprogramme ergeben.
Stefanie Bolzen berichtet für WELT seit 2023 als US-Korrespondentin aus Washington, D.C. Zuvor war sie Korrespondentin in London und Brüssel.
Connor O‘Brien ist leitender Verteidigungsreporter bei „Politico“ mit Schwerpunkt auf dem Kongress. Hier lesen Sie auf Englisch seinen ausführlichen Text über das Gesetz, der zuerst bei „Politico“ erschienen ist.
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