Der Ukraine-Krieg war einmal mehr zentrales Thema im Bundestag. Vor allem die von Bundeskanzler Merz (CDU) vorangetriebene mögliche Verwendung eingefrorener russischer Gelder für Kiew sorgte für eine hitzige Debatte zwischen Union und AfD. Die AfD warf der Bundesregierung vor, durch Überlegungen zu einer multinationalen Truppe in der Ukraine „an der Eskalationsspirale in Europa“ zu drehen und „Klientelpolitik für Herrn Selenskyj“ zu betreiben.
„Es steht zu befürchten, dass Sie mit Ihrer Politik auf Sicht einen Spannungsfall initiieren oder initiieren wollen, um die Wehrdienstleistenden in der Ukraine einzusetzen“, sagte AfD-Parteichef Tino Chrupalla in seiner Rede an die Adresse von Kanzler Merz, der zuvor seine Regierungserklärung abgegeben hatte. „Wir vertrauen Ihnen unsere Kinder nicht an“, sagte Chrupalla weiter. „Wir sind froh, den Ost-West-Konflikt hinter uns gelassen zu haben. Mit einer multinationalen Truppe beschwören Sie diesen wieder herauf.“ Um Landesverteidigung gehe es hier nicht, warf der AfD-Parteichef dem Kanzler vor.
Europäische Staats- und Regierungschefs hatten am Montagabend nach einem Treffen im Kanzleramt eine „von Europa geführte, aus Beiträgen williger Nationen bestehende ‚multinationale Truppe für die Ukraine‘“ vorgeschlagen. Aus der Bundesregierung kam anschließend Zustimmung, eine deutsche Beteiligung ließen die Regierungsspitzen aber bislang offen.
Bereits vor Jahren, so Chrupalla in seiner Rede, habe er davor gewarnt, dass der Krieg für die Ukraine nicht zu gewinnen sei. Doch was seien die politischen Konsequenzen gewesen? „Herr Merz belastet die deutschen Steuerzahler mit 70 Milliarden Euro für Waffenlieferungen und Kriegshilfen an die Ukraine.“ Im kommenden Jahr seien bereits 11,5 Milliarden Euro im deutschen Haushalt für die Ukraine eingeplant. Hinzu kämen weitere sechs Milliarden Euro Bürgergeld-Zahlungen an Ukrainer.
Dabei hätten die Vereinigten Staaten bereits vor einigen Monaten klar signalisiert, „dass sie sich aus dem Kreis der Kriegs-Unterstützer zurückziehen werden“. Das bedeute, dass die Rechnung für neue Waffenkäufe für die Ukraine nun alleine von Europa gezahlt werden müsse. Besonders scharf kritisierte der AfD-Chef, dass Merz versprochen habe, dass Deutschland „selbstverständlich für eventuelle Zahlungsausfälle bereitwillig zur Verfügung steht“. In Richtung Bundeskanzler bemerkte Chrupalla: „Fremdes Geld, das Steuergeld der Deutschen, gibt sich eben leichter aus als das eigene.“
Sollte Merz beim anstehenden EU-Gipfel diese Versprechen erneuern, so Chrupalla, handele er mit seinem Alleingang „vollends gegen die Interessen der deutschen Bürger“. Er bleibe dabei: „Es war und ist nicht unser Krieg. Stattdessen werde nun darüber nachgedacht, russisches Staatsvermögen zu enteignen und an die Ukraine zu geben‘“. Alleine diese Ankündigung gieße weiteres Öl ins Feuer.
Eine Frage nach einer Zwischenfrage vom Alexander Hoffmann (CDU) lehnte Chrupalla während seiner Rede ab, der wiederum anschließend das Recht der Intervention nutzte. Es sei rührend, dass sich Chrupalla so um das Steuergeld der Deutschen sorge. „Das besorgt uns auch“, sagte Hoffmann, genau deshalb beschäftige man sich intensiv mit der Frage, wie das eingefrorene russische Vermögen für den Wiederaufbau der Ukraine oder zur Anschaffung von Waffen für die Selbstverteidigung Kiews nutzbar gemacht werden könne.
Dabei würden auch die USA gerne auf die eingefrorenen Gelder zugreifen oder im Falle eines Wiederaufbaufonds für die Ukraine Renditen daraus ziehen wollen. „Sie reisen ja regelmäßig in die USA, haben wir jetzt gelesen“, so Hoffmann und fragte dann in Chrupallas Richtung, ob dieser denn besagte Pläne der USA bei seinen Besuchen „entschieden im Interesse des deutschen Steuerzahlers“ zurückgewiesen hätte.
Chrupalla entgegnete daraufhin, dass Hoffmann selbst wisse, dass die Frage nach „Enteignung“ des russischen Vermögens „hochumstritten“ und „völkerrechtswidrig“ sei. Währenddessen musste Bundestagsvizepräsident Omid Nouripour (Grüne) aufgrund von Zwischenrufen wiederholt die Wogen glätten und verwies darauf, dass Chrupalla das Wort habe und es hilfreich sei, wenn er ausreden könne. „Ich bin hier nicht auf der Anklagebank“, so dann der AfD-Chef in Richtung der Union. Er könne aber verstehen, dass die Union so nervös sei, da sie auch wisse, dass die Verwendung der russischen Gelder scheitern könne, „und Sie diese Garantien geben wollen, für die am Ende der deutsche Steuerzahler aufkommen muss“. Die AfD werde dem „niemals zustimmen“.
Linke-Politikerin Reichinnek warnt vor Eskalation
Kritik an einer multinationalen Truppe in der Ukraine kam auch von der Linken. Fraktionschefin Heidi Reichinnek bezeichnete die Idee, europäische Soldaten dort zu stationieren, als „Spiel mit dem Feuer“. Dies könne bedeuten, dass europäische und damit deutsche Truppen auf russische schießen müssten.
„Damit hätten wir genau die Eskalation, vor der wir die ganze Zeit gewarnt haben“, sagte Reichinnek. Statt europäische Soldaten forderte die Linken-Politikerin den Einsatz von Blauhelm-Truppen der Vereinten Nationen – „nur so kann eine dauerhafte Friedenssicherung gelingen“.
Die Bundesregierung verweist bisher darauf, dass der Ukraine zugesagte Sicherheitsgarantien erst im Falle eines Friedensschlusses zum Tragen kommen würden. Merz selbst sagte am Mittwoch im Bundestag, es gebe einen „Preis des Friedens“. Die Ukraine brauche „belastbare Sicherheitsgarantien“, um in Zukunft vor Russland geschützt zu sein. „Über den sehr konkreten Beitrag wird zu gegebener Zeit zu reden sein.“ Er betonte: Die Sicherheit Europas sei untrennbar mit der Sicherheit der Ukraine verbunden.
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