Der Berliner Senat aus CDU und SPD hat einen weiteren Gedenktag geschaffen: Am 15. März soll künftig der „Internationale Tag gegen Islamfeindlichkeit“ begangen werden. Den Schritt kündigten der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und Arbeits- und Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) am 9. Dezember in einer Mitteilung an das Berliner Abgeordnetenhaus an. Ein breiteres Echo findet die Entscheidung aber erst jetzt.
Die Vereinten Nationen hatten den 15. März vor drei Jahren zum „Internationalen Tag zur Bekämpfung der Islamfeindlichkeit“ bestimmt, eine Reaktion auf das Attentat eines Rechtsextremisten auf zwei Moscheen in Christchurch (Neuseeland) am 15. März 2019 mit 51 Toten. Die Initiative für den Tag ging von Pakistan mit Unterstützung weiterer mehrheitlich muslimischer Staaten aus.
Den Tag auch in Berlin zum Gedenktag zu machen, dafür hatte sich der Berliner SPD-Fraktionschef Raed Saleh eingesetzt. Ende März stellte er entsprechende Pläne mit dem CDU-Fraktionschef Dirk Stettner anlässlich des muslimischen Zuckerfestes vor. Im September gab dann das Abgeordnetenhaus grünes Licht.
Nun werden die Pläne konkret. „Die Einführung des Internationalen Tages gegen Islamfeindlichkeit ist Ausdruck gelebter Solidarität und soll verdeutlichen, dass Diskriminierung, Ausgrenzung und Gewalt in Berlin keinen Platz haben dürfen“, heißt es in der Mitteilung des Regierenden Bürgermeisters. Erinnert wird auch an den rassistischen Anschlag in Hanau 2020 mit neun Toten.
Wegner und Kiziltepe stellen in Aussicht, „zivilgesellschafliche Organisationen“ zu fördern, die zum 15. März „mit gezielter Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungsformaten auf das Thema Islamfeindlichkeit aufmerksam machen wollen“. Die Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung werde entsprechende Vorhaben „wohlwollend prüfen“.
Zudem sollen Berliner Moscheen in die Gestaltung des Tages eingebunden werden. „Aufgrund der Erfahrungen in der Kooperation mit den muslimischen Communitys kann jedoch davon ausgegangen werden, dass der beschlossene Internationale Tag gegen Islamfeindlichkeit am 15. März auch als Anerkennung und Wertschätzung betrachtet wird“, heißt es.
Die Reaktionen auf den neuen Gedenktag fielen gemischt aus. Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Lamya Kaddor schrieb auf X: „Ein Gedenktag Islamfeindlichkeit in Berlin ist ein wichtiges Signal an muslimische BürgerInnen. Ihre Diskriminierung wird gesehen.“ Sie mahnte an, dass die Union auf Bundesebene nicht genug gegen Islamfeindlichkeit unternehme.
Der Hamburger FDP-Politiker Gerd Wöllmann hingegen hält den Tag für verfehlt. „Islamfeindlichkeit ist auch wirklich das Thema derzeit“, schrieb er auf X. „Bitter, wie jede Moschee und jedes muslimische Gebäude 24/7 Polizeischutz braucht. Ach ne, das sind Synagogen und jüdische Einrichtungen, die man schützen muss. Vor wem noch gleich? Ich komme nicht drauf.“
Islamwissenschaftlerin Schröter: „Links-islamische Querfront“
Scharfe Kritik äußerte auch die Islamwissenschaftlerin Susanne Schröter – und zwar am Konzept der „Islamfeindlichkeit“ grundsätzlich. Der Begriff sei von muslimischen Staaten, etwa über die Organisation für islamische Zusammenarbeit, und von Anhängern postkolonialen Theorien geprägt worden. „Die Täter sind westlich, weiß, vorzugsweise männlich und die Opfer sind der Rest. Und insbesondere sind Muslime Opfer. Und diese Theorie ist im höchsten Maße fragwürdig“, sagte Schröter im Gespräch mit WELT TV.
In Deutschland würden diese internationalen und inländischen Strömungen verschmelzen, unterstützt durch linke und muslimische Lobbygruppen, zu einer sogenannten „links-islamischen Querfront“, sagte Schröter. Das zeige sich auf propalästinensischen Demonstrationen oder in der Arbeit verschiedener NGOs. „In Berlin ist diese Querfront besonders stark“, sagte Schröter.
Sie fürchtet, dass von der finanziellen Unterstützung für den 15. März auch islamistische oder durch das Ausland finanzierte Moscheen profitieren. Zudem würde ihre Position in der Debatte aufgewertet. „Die gesamte Kampagne gegen Islamfeindlichkeit, antimuslimischen Rassismus hat vor allem ein Ziel, jegliche Kritik am Islamismus zu delegitimieren“, sagt Schröter. „Jede Art der Kritik, ob das jetzt am problematischen Ehrbegriff ist in manchen Communitys, an Kleinkriminalität, am Islamismus, alles wird automatisch subsumiert unter Islamfeindlichkeit und wird dadurch in eine rechte Ecke gestellt.“
Belege für Islamfeindlichkeit seien teilweise methodisch zweifelhaft, sagt Schröter. Wissenschaftliche Studien dazu beruhten oft auf Selbstauskünften der Betroffenen. „Da sagt jemand, ich bin nicht gegrüßt worden im Bäckerladen. Das war Diskriminierung, weil ich ein Kopftuch trug“, sagte Schröter. Was in den Statistiken messbar sei, sei ein Anstieg von Judenhass, Antisemitismus und Übergriffe auf Juden. Ihr Urteil: „Jetzt dreht man das einfach um: Antisemitismus ist kein Thema, Muslimfeindlichkeit wird an die Stelle gesetzt.“
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