Die Bundeswehr muss um bis zu 60.000 Soldaten wachsen, um die neuen Ziele der Nato für eine bessere Verteidigungsfähigkeit zu erreichen. Das sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) in Brüssel vor einem Treffen der Nato-Verteidigungsminister. „Wir gehen davon aus, das ist aber auch nur eine Daumengröße, um es klar zu sagen, dass wir rund 50.000 bis 60.000 Soldatinnen und Soldaten in den stehenden Streitkräften mehr brauchen als heute“, sagte Pistorius.

Bei dem Treffen steht die Erhöhung der Verteidigungsausgaben europäischer Staaten im Fokus. US-Verteidigungsminister Pete Hegseth hat im Vorfeld die Forderung seines Landes nach einer Erhöhung der Verteidigungsausgaben der Bündnispartner auf fünf Prozent vom jeweiligen Bruttoinlandsprodukt bekräftigt. „Wir gehen davon aus, dass dies bis zum Gipfel in Den Haag geschehen wird“, sagte Hegseth am Donnerstag in Brüssel. „Darauf liegt unser Hauptaugenmerk“, fügte er hinzu.

Bei dem Treffen wollen die Verteidigungsminister der Allianz die Fähigkeitsziele für die nächsten Jahre beschließen und den Nato-Gipfel Ende des Monats in Den Haag vorbereiten. Ein Vorschlag von Nato-Generalsekretär Mark Rutte sieht vor, dass die Nato-Länder künftig 3,5 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigungsausgaben und 1,5 Prozent des BIP für verteidigungsrelevante Ausgaben aufwenden – was zusammengenommen den von US-Präsident Donald Trump geforderten fünf Prozent entsprechen würde.

Die Nato will ihre militärischen Fähigkeiten zur Abschreckung und Verteidigung angesichts der anhaltenden Bedrohung durch Russland extrem ausbauen. Generalsekretär Mark Rutte hatte am Vortag gesagt: „Wir benötigen mehr Ressourcen, Truppen und Fähigkeiten, um auf jede Bedrohung vorbereitet zu sein und unsere kollektiven Verteidigungspläne vollständig umzusetzen.“ Oberste Priorität hätten die Luft- und Raketenabwehr, weitreichende Waffensysteme, Logistik und große Verbände von Landstreitkräften.

Derzeit 181.000 Soldaten in Bundeswehr

In der Bundeswehr war die Zahl der Soldaten im vergangenen Jahr trotz mehr Einstellungen erneut leicht gesunken, während der Altersdurchschnitt stieg. Zum Jahresende 2024 habe es rund 181.150 Soldatinnen und Soldaten gegeben, hatte das Verteidigungsministerium erklärt. Ein Jahr zuvor, am Stichtag 31. Dezember 2023, waren es noch rund 181.500 Männer und Frauen in Uniform gewesen. Erklärtes Ziel waren zuletzt aber 203.000 aktive Soldaten in den Streitkräften gewesen.

Vor einem Jahr hatte Pistorius sein Modell für einen neuen Wehrdienst vorgelegt und dabei auch Zahlen für den Bedarf an Soldaten in der stehenden Truppe sowie der Reserve genannt. Er nannte dabei insgesamt rund 460.000 Soldaten: Konkret 203.000 Männer und Frauen der stehenden Streitkräfte, die 60.000 vorhandenen Reservisten sowie 200.000 zusätzliche Reservisten, die nun nötig seien. Militärplaner gehen davon aus, dass die Obergrenze von 460.000 erhalten bleiben wird, aber deutlich mehr aktive Soldaten und womöglich weniger Reservisten eingeplant werden.

Deutschland hatte sich in den 2+4-Verträgen verpflichtet, die Zahl seiner Soldaten auf 370.000 Mann zu beschränken. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages schrieb dazu im Februar 2025, der Begriff der Personalstärke sei nicht genau definiert, die Formulierung lege nahe, „dass es sich dabei nur um die aktive, ständig verfügbare Truppenstärke handelt, also um regulär im Dienst befindliche Soldaten (Berufssoldaten, Soldaten auf Zeit, Grundwehrdienstleistende)“.

Unterdessen ist eine neue Diskussion um einen verpflichtenden Wehrdienst absehbar. So sagte der neue Wehrbeauftragte des Bundestages, Henning Otte (CDU), dem „Tagesspiegel“, „massiv“ steigende Nato-Anforderungen seien ohne einen teilweise verpflichtenden Wehrdienst und eine attraktivere Bundeswehr kaum zu erfüllen. Er forderte: „Das Verteidigungsministerium sollte einen konkreten Vorschlag vorlegen, in dem die Hürden für einen Wechsel hin zur Verpflichtung eines gewissen Kontingents junger Leute nicht zu hoch sind.“

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt beim ursprünglichen Autor. Die erneute Veröffentlichung dieses Artikels dient ausschließlich der Informationsverbreitung und stellt keine Anlageberatung dar. Bei Verstößen kontaktieren Sie uns bitte umgehend. Wir werden bei Bedarf Korrekturen oder Löschungen vornehmen. Vielen Dank.