Die EU-Kommission hat ein Verbot von Gaslieferungen aus Russland vorgeschlagen. Brüssel legte am Dienstag einen mehrstufigen Plan vor, nach dem Unternehmen ab dem kommenden Jahr keine neuen Verträge mehr mit russischen Lieferanten schließen dürften. Spätestens Ende 2027 soll gar kein Gas mehr aus Russland in die EU fließen. Der Rat der 27 EU-Länder und das Europaparlament müssen noch mehrheitlich zustimmen.
„Russland hat wiederholt versucht, die Energieversorgung als Waffe zu nutzen und uns damit zu erpressen“, erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Dienstag. „Wir haben klare Schritte unternommen, um den Hahn zuzudrehen und die Ära der russischen fossilen Brennstoffe in Europa endgültig zu beenden.“
Russisches Pipeline-Gas und Flüssiggas (LNG) machten nach Kommissionsangaben im vergangenen Jahr rund 19 Prozent der Gasimporte der 27 EU-Staaten aus. Rund ein Drittel davon bezogen europäische Abnehmer demnach aus kurzfristigen Verträgen, die einfacher kündbar sind. Diese Lieferungen will die Kommission ab dem 17. Juni des kommenden Jahres verbieten.
Ausgenommen sind bis Ende 2027 an langfristige Verträge gekoppelte Lieferungen über Pipelines an Länder, die keinen Zugang zu Wasser und Häfen haben. Für diese Staaten ist es schwieriger, russisches Pipeline-Gas durch per Schiff geliefertes LNG zu ersetzen. Insbesondere Ungarn und die Slowakei könnten damit in den kommenden zwei Jahren weiter große Mengen Gas aus Russland importieren.
Auch für bestehende langfristige Verträge sieht die Kommission wegen der höheren Liefermenge eine längere Übergangszeit vor. Stichtag für das endgültige Aus russischer Gaslieferungen soll Ende 2027 sein. In Deutschland würde ein solches EU-Gesetz eine Wiederaufnahme von Gaslieferungen durch die Nordsee-Pipeline Nord Stream 2 endgültig ausschließen.
Kein Land wird „ohne Energie bleiben“, verspricht EU-Energiekommissar
EU-Energiekommissar Dan Jorgensen versprach, kein EU-Land werde „infolge dieses Vorschlags ohne Energie bleiben“. „Falls die Versorgungssicherheit eines oder mehrerer Mitgliedstaaten bedroht ist“, kann die Kommission das Verbot laut Vorschlagstext zeitweise aussetzen.
Rechtlich sind die Brüsseler Vorschläge vom Dienstag keine neuen Sanktionen, anders als etwa eine bereits verhängte Einfuhrsperre auf russisches Öl. Die Kommission beruft sich stattdessen auf einen Artikel in den grundlegenden EU-Verträgen. Darin heißt es, die Gesetzgebung der EU solle „die Sicherheit der Energieversorgung in der Union sicherstellen“.
Damit will die EU-Kommission ein mögliches Veto durch Ungarn und die Slowakei umgehen. Anders als im Falle von Sanktionen muss der neue Gesetzesvorschlag nicht einstimmig beschlossen werden. Im Rat der EU-Länder reicht stattdessen eine Mehrheit aus mindestens 15 Staaten, die zusammen mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung ausmachen. Außerdem muss das Europaparlament mehrheitlich zustimmen.
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