Das Weiße Haus verschickt derzeit Briefe, in denen Sonderzölle für Handelspartner festgesetzt werden. Noch hat die EU keinen Brief erhalten. Wie geht die deutsche Wirtschaft mit dieser Unsicherheit um?

Seit dem Frühjahr hat US-Präsident Donald Trump der Welt immer wieder mit Sonderzöllen gedroht und dann Fristen verschoben. Seit Beginn dieser Woche verschickt er nun Briefe mit Zollankündigungen. Japan und Thailand haben schon entsprechende Schreiben erhalten, ebenso Brasilien und zuletzt Kanada. An die Europäische Union ist bisher kein Brief rausgegangen, doch Trump drohte der EU zuletzt wieder mit pauschalen Strafzöllen von bis zu 20 Prozent.

Für Unternehmen weltweit bedeutet das maximale Unsicherheit. Auch für Deutsche: Immerhin ist der amerikanische Markt unverzichtbar. Mit einem Handelsvolumen von rund 253 Milliarden Euro im Jahr 2024 sind die USA der wichtigste Handelspartner Deutschlands. Wohl auch deshalb wollen sich viele Unternehmen nicht beirren lassen und halten am Amerikageschäft fest.

Deutsche Unternehmen glauben an den US-Markt

Die Hauptgeschäftsführerin der Industrie- und Handelskammer Stuttgart, Susanne Herre, ist vor kurzem aus den USA zurückgekehrt. Herre war dort auf Delegationsreise, hat mit Vertretern deutscher Unternehmen gesprochen, die auch Niederlassungen in den USA haben. Und Herre war überrascht, wie unverdrossen sich viele Firmen zeigen. "Sie haben uns klar gesagt: 'We believe in the US market!' Und wir sollen diese Botschaft auch mit nach Deutschland nehmen."

Die deutschen Unternehmen glauben weiterhin an den amerikanischen Markt. Der Chemieriese BASF, der Lasertechnikspezialist Trumpf oder auch der Handelskonzern Würth, sie alle hätten bekräftigt, dass sie den US-Markt trotz der großen Unsicherheit für enorm attraktiv halten, berichtet Herre. Er habe Wachstumspotenzial, sei innovationsfreundlich - und der beste Standort weltweit für Forschung und Entwicklung.

Diese Markttreue beruhe auf einer typischen Grundhaltung, die sie vor allem bei Mittelständlern beobachte, sagt Herre. Man denke nicht in kurzfristiger Politik, sondern in Generationen. Mittelständische und familiengeführte Unternehmen seien in Deutschland sehr standorttreu. "Ich glaube, diesen Spirit haben sie auch mit in die USA genommen", sagt Herre, daher komme vermutlich das große Bekenntnis zu diesem Markt.

Zölle belasten bereits das US-Geschäft

Das sieht auch Marc Stricker so, der Geschäftsführer des Kühlgerätespezialisten Lauda: "Der Markt in Nordamerika ist für uns ein sehr, sehr wichtiger Wachstums- und Zukunftsmarkt", betont er. Die Firma Lauda im Nordosten Baden-Württembergs ist ein sogenannter "Hidden Champion". Kaum bekannt, auf ihrem Gebiet aber Weltmarktführer.

Lauda stellt Temperiergeräte und für die Industrie her. Speziell während der Coronapandemie waren solche Geräte gefragt, um Impfstoffe zu kühlen. Seit April werden auf Laudas Exporte in die USA Aufschläge von zehn Prozent fällig, der sogenannte Basiszoll, den US-Präsident Trump weltweit verhängt hat. Und das mache sich auch beim Umsatz bemerkbar, klagt Stricker. Dieser sei im Vergleich zu den Vorjahren derzeit rückläufig, berichtet er, ohne jedoch konkrete Zahlen zu nennen.

Dieselben Sorgen treiben auch Marius Westermann um, Geschäftsführer der Firma SensoPart mit Sitz in Gottenheim bei Freiburg. Schon seit Januar seien die Umsatzverluste seines Unternehmens auf dem US-Markt hoch, berichtet Westermann. SensoPart beliefert Autobauer mit Sensorik für die Produktion. Auch auf diese Sensoren wird inzwischen der Basiszoll fällig. Für die Kundinnen und Kunden in den USA haben sich die Sensoren entsprechend verteuert.

Unternehmen wünschen sich Planungssicherheit

Doch was Unternehmen wie Lauda oder SensoPart fast noch mehr zu schaffen macht als die Zölle, ist die Unklarheit darüber, wie es weitergeht. Das kommende halbe Jahr sei nur sehr schwer planbar, so Fabian Jankowski, der den Bereich Logistik bei Lauda leitet. Die Situation müsse sich dringend beruhigen, "um wieder Planungssicherheit gewährleisten zu können."

Und auch Westermann wünscht sich vor allem Klarheit und Berechenbarkeit für sich und seine Großkunden. "Wir wollen einfach nur wieder Planungssicherheit, weil wir glauben, mit der Planungssicherheit werden auch wieder die Aufträge kommen", so Westermann.

Stolz auf "Made in Germany"

Die Produktion in die USA zu verlagern, ist für SensoPart keine Option, obwohl das Unternehmen eine Tochterfirma in Detroit hat. Die Sensoren seien komplexe Komponenten, die nur an den deutschen Standorten gefertigt werden könnten, erklärt Geschäftsführer Westermann. "Wir sind stolz auf unser 'Made in Germany'", sagt er. Die Prozesse könnten nicht "mal schnell" in die USA ausgelagert werden. "Das wäre ein riesiger Invest, den wir so nicht geplant haben und der sich auch aktuell schwerlich rechnen würde", meint Westermann.

Diese Erkenntnis hat auch IHK-Geschäftsführerin Herre aus ihren Gesprächen in Washington und New York mitgenommen. Solange es keine Klarheit gebe, würden Investitionen in den USA auf Eis gelegt. Damit scheint die Rechnung der US-Regierung nicht aufzugehen. Die Amerikaner wollten mit den Sonderzöllen unter anderem erreichen, dass ausländische Firmen mehr in den USA investieren.

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