Am Portal des Pentagons, mit Blick auf den Potomac-Fluss, empfing US-Verteidigungsminister Pete Hegseth am Montag seinen Amtskollegen Boris Pistorius. Der Besuch hatte schon im April stattfinden sollen – doch jetzt ist das bessere Timing für ein Treffen.

Kurz bevor Hegseth seinen Gast mit militärischen Ehren begrüßte, hatte Nato-Generalsekretär Mark Rutte mit Donald Trump im Weißen Haus eine wichtige Ankündigung gemacht. Der US-Präsident setzte Russland eine Frist von 50 Tagen, um den Krieg gegen die Ukraine zu beenden. Andernfalls werde es erstens Sekundärzölle in Höhe von hundert Prozent für Länder geben, die noch Geschäfte mit Russland machen.

Zweitens will Trump die Ukraine mit neuen, dringend benötigten Waffen versorgen. Allerdings werden diese nicht von den USA finanziert, sondern an die europäischen Verbündeten verkauft und von diesen an die Ukraine geliefert.

Dem Nato-Generalsekretär zufolge gehören Deutschland, Finnland, Kanada, Norwegen, Schweden, Großbritannien und Dänemark zu den Käufern, die die Ukraine beliefern. „Schnelligkeit ist hier von entscheidender Bedeutung“, betonte Rutte. Pistorius war der erste europäische Nato-Vertreter, der diese Dringlichkeit in Washington in zügig umgesetzte Hilfen ummünzen will.

„Schnell, sehr schnell“ sollten Entscheidungen über die Einzelheiten der verkündeten Lieferungen getroffen werden, erklärte der Verteidigungsminister nach seiner Unterredung mit Hegseth. Angesichts der zunehmend schweren Luftangriffe Russlands auf die Ukraine muss Kiews Abwehrfähigkeit dringend ausgebaut werden.

Weil Deutschland Pistorius zufolge mit Blick auf die eigene Abwehrfähigkeit keine weiteren Patriot-Systeme mehr an die Ukraine abgeben kann, kauft es die so wichtigen Flugabwehrsysteme den USA ab. „Ein Patriot-System, von dem wir heute sagen, dass es an die Ukraine gehen soll, braucht Monate, bis es ausgeliefert werden kann“, schränkte Pistorius allerdings ein.

Diese technische Tatsache kommt zu dem Umstand hinzu, dass die von Trump ausgegebene Frist von 50 Tagen seitens der Ukraine umgehend Kritik auslöste. Er verstehe nicht den Grund, Kremlchef Wladimir Putin 50 Tage Zeit zu geben, sagte Vitali Klitschko, Bürgermeister von Kiew, in der ARD-Talkshow „Maischberger“. In 50 Tagen könnten noch viel mehr Menschen in der Hauptstadt und in der ganzen Ukraine umgebracht und Gebäude beschädigt werden.

Auch Reaktionen aus Russland selbst bestätigten, dass die im Westen als Trumps „Stimmungswandel“ wahrgenommene Ankündigung keinen großen Eindruck auf den Aggressor macht. Noch während der Pressekonferenz des US-Präsidenten mit Rutte stieg der russische Börsenindex MOEX um drei Prozent. „Wo ist denn die Überraschung? Trump hat sie doch versprochen“, schrieb höhnisch der Duma-Abgeordnete Jewgeni Popow in seinem Telegram-Kanal. Trumps Ankündigung sei „heiße Luft“, sagte Konstantin Kosatschew, Vize-Sprecher des russischen Föderationsrates. Militärisch gibt die 50-Tage-Frist den russischen Truppen jedenfalls ein bequemes Polster, um auf ukrainischem Gebiet vorzurücken.

Einzig bei russischen Raketenangriffen auf ukrainische Städte dürfte es für die Russen etwas schwieriger werden – dass aber erst, wenn besagte Patriot-Flugabwehrsysteme in der Ukraine eintreffen.

Neue Raketenwerfer für die Bundeswehr

An Russlands Strategie der Überforderung der ukrainischen Flugabwehr dürften die angekündigten Patriot-Systeme wenig ändern. Sie basiert seit Monaten auf massivem Einsatz von teilweise hunderten Drohnen und Drohnenattrappen täglich. Allein im Juni schickte Russland mehr als 5300 Drohnen in die Ukraine. Mehr als eine Million Dollar teure Patriot-Raketen gegen billige russische Drohnen einzusetzen ergibt weder militärisch noch ökonomisch Sinn.

Pistorius redete mit Hegseth nicht nur über den Erwerb von Patriots. Deutschland werde zudem weitreichende Raketenwerfer vom Typ Typhon in den USA kaufen, mit denen Ziele in 2.000 Kilometern Entfernung getroffen werden können – mithin auch in Russland. „Deutschland kann also damit seine eigene Verteidigungsfähigkeit deutlich steigern, auch seine Abschreckungsfähigkeit deutlich steigern, aber eben auch die Europas“, so der Minister.

Mit der Mittelstreckenwaffe Typhon können weitreichende Raketen wie Tomahawk abgefeuert werden. Über solche Waffen mit einer Reichweite von 2.000 Kilometern verfügt die Bundeswehr bisher nicht. Mit dpa/AFP

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