Auch an der Wall Street haben die Anleger in Sachen Zölle heute gelassen reagiert. Die Märkte tendierten wie schon zuvor in Europa stabil und blieben damit auf hohem Niveau.
In New York haben die großen Aktienindizes nach den Zolldrohungen von Präsident Donald Trump gegen die EU bei geringen Schwankungen zunächst keine Richtung gefunden. Von Zollpanik keine Spur, im Gegenteil. In der zweiten Sitzungshälfte kam sogar noch etwas Kaufneigung auf, sodass die Märkte letztlich moderat höher schlossen. Sie blieben damit nahe ihrer erst in der Vorwoche erzielten Allzeithochs.
Vor dem Beginn der morgen startenden Berichtssaison der Unternehmen für das zweite Quartal sowie dem unklaren Ausgang der anhaltenden Zollstreitereien mit der EU lehnten sich die Investoren aber auch nicht allzu weit aus dem Fenster. Morgen eröffnen mit Citigroup, JP Morgan und Wells Fargo die US-Großbanken die US-Berichtssaison. Zudem werden neue Inflationsdaten erwartet.
Am besten hielten sich am Ende die Technologieaktien, die Nasdaq gewann 0,27 Prozent. Auch der Auswahlindex Nasdaq 100 legte 0,33 Prozent zu. Leichte Gewinne gab es beim Leitindex Dow Jones, der 0,2 Prozent auf 44.459 Zähler zulegte sowie beim marktbreiten S&P 500 Index, der um 0,14 Prozent höher schloss.
Prinzip Hoffnung auch an der Street
Wie schon in Europa wurden heute auch an der Wall Street die jüngsten Zollankündigungen der Regierung intensiv diskutiert. "Die Kursausschläge sind nicht größer, weil Anleger Trumps Drohungen als Verhandlungstaktik sehen", schrieben die Analysten der niederländischen Großbank ING.
Andere Experten mahnten zur Vorsicht. "Die Marktvolatilität im Zusammenhang mit den Zöllen ist in den vergangenen Monaten zurückgegangen, aber wir sind noch nicht über den Berg", sagte etwa Glen Smith, Chefanleger beim Vermögensverwalter GDS.
Sevcovic warnt
Der für die Zollverhandlungen zuständige EU-Kommissar Maros Sefcovic machte deutlich, dass sich die EU bis Anfang August weiter um eine Verhandlungslösung bemühen wird. Sefcovic warnte, dass die Umsetzung der Trump-Pläne drastische Auswirkungen auf den transatlantischen Handel haben würde.
"Seien wir ehrlich: Ein Zollsatz von 30 Prozent käme einem faktischen Handelsverbot gleich", sagte er. Wenn er in Kraft treten sollte, sei mit erheblichen negativen Auswirkungen auf beiden Seiten des Atlantiks zu rechnen.
DAX behauptet sich
Heute standen an den heimischen Börsen ebenfalls die von US-Präsident Donald Trump am Wochenende bekannt gegebenen Zölle gegen die EU im Mittelpunkt des Interesses. Die Verschärfung des Zollkonflikts zwischen den USA und der EU sorgte dabei bei so manchem Anleger wohl für ein mulmiges Gefühl, denn im Vorfeld war die Erwartungshaltung deutlich positiver gewesen. Denn sollte Trump seine Zölle von 30 Prozent gegen Europa wirklich umsetzen, dürfte der Börse so manche Gewinnwarnung bevorstehen.
Aus Politik und Wirtschaft kamen deutliche Warnungen, dass bei Zöllen von 30 Prozent der Handel zwischen der EU und den USA kollabieren dürfte. Gegenmaßnahmen der EU sollen aber zunächst noch nicht in Kraft treten.
Die Anlegerinnen und Anleger waren entsprechend auf der Hut, auch wenn trotz allem der Optimismus überwog, dass es doch noch zu einer Einigung zwischen den beiden großen Wirtschaftsblöcken kommt.
Gegen Ende der Sitzung grenzte der deutsche Leitindex denn auch seine Verluste noch ein und schloss letztlich nur 0,39 Prozent tiefer bei 24.160 Punkten nahe Tageshoch. Das Tagestief lag heute knapp unter der runden Marke von 24.000 Zählern bei 23.975 Punkten. Der MDAX der mittelgroßen Werte verlor in ähnlicher Höhe 0,46 Prozent auf 32.211 Punkte.
Ein bisschen Hoffnung bleibt noch
Konkret will Trump Einfuhren aus der Europäischen Union ab dem 1. August mit einem Zoll von 30 Prozent belasten, wie er bereits am Samstag ankündigte. EU-Handelskommissar Maros Sefcovic betonte zu Wochenbeginn, dass er den Dialog mit den USA fortsetzen werde.
"Das Gefühl auf unserer Seite war, dass wir einer Einigung sehr nahe sind." Nach Beratungen mit den Handelsministern der 27 EU-Staaten betonte Sefcovic, es brauche immer zwei Hände, um klatschen zu können. Ein Deal mit den USA müsse sich auch für Europa lohnen, am Ende von den EU-Mitgliedsstaaten als auch dem Europäischen Parlament abgesegnet werden. Sollten die Verhandlungen in den nächsten Wochen scheitern, werde die EU Gegenmaßnahmen einleiten.
Ökonomen warnen vor Gefahren für deutsche Wirtschaft
Expertinnen und Experten rechnen unterdessen mit einem herben Dämpfer für die deutsche Wirtschaft, sollten die hohen US-Zölle tatsächlich in Kraft treten. Die Zölle könnten das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) innerhalb von zwei Jahren um 0,7 Prozent reduzieren, warnt Commerzbank-Ökonom Vincent Stamer. "Ein Teil des durch die höheren staatlichen Investitionen erhofften Aufschwungs würde verpuffen."
Euro etwas schwächer
Der Euro hat heute unter Gewinnmitnahmen gelitten und moderat nachgegeben. Im New Yorker Handel kostete die Gemeinschaftswährung zuletzt 1,1669 Dollar und damit etwas weniger als am Freitagabend. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs zu Wochenbeginn auf 1,1690 (Freitag: 1,1683) Dollar fest.
Die Ankündigung von US-Präsident Trump, ab dem 1. August einen Pauschalzoll von 30 Prozent gegen die EU zu verhängen, "lässt die Risikowahrnehmung zum Wochenstart ansteigen", schreiben die Expertinnen und Experten der Dekabank. Davon profitiert der Dollar etwas.
Commerzbank-Expertin Thu Lan Nguyen ist hingegen mit Blick auf die weitere Dollar-Entwicklung skeptisch: "Wer auf baldige Planungssicherheit in Sachen US-Zölle hofft, droht bitter enttäuscht zu werden." Unternehmen müssten mit der Unsicherheit leben, dass sie jederzeit von US-Zöllen betroffen sein könnten.
"Das wird der Investitionsfreudigkeit der US-Unternehmen wohl kaum zuträglich sein", heißt es in dem Kommentar. "Und daher sehe ich auch die aktuelle Stärke des Dollar skeptisch".
Stimme aus der Fed: Keine Eile bei Zinssenkungen
Die US-Notenbankerin Beth Hammack sieht derweil trotz der wiederholten Zwischenrufe aus dem Weißen Haus keine dringende Notwendigkeit für Zinssenkungen. Die Federal Reserve sei mit Blick auf die Inflation noch nicht am Ziel, sagte die Chefin des Notenbankbezirks Cleveland heute dem Sender Fox Business.
Trotz aller Fortschritte sei die Inflation noch zu hoch. Es sei daher wichtig, weiter an einer restriktiven Geldpolitik festzuhalten. Aus Sicht Hammacks ist das Zinsniveau von 4,25 bis 4,50 Prozent schon ziemlich nahe an einem neutralen Bereich, mit dem die Wirtschaft weder befeuert noch gebremst wird. "Ich sehe wirklich keine Notwendigkeit, die Zinsen zu senken, es sei denn, wir erleben eine deutliche Schwächung auf der Arbeitsmarktseite", fügte sie hinzu.
Bitcoin beschleunigt Rekordjagd
Der Bitcoin hat die Handelswoche mit einem Kurssprung auf ein Rekordhoch begonnen. Am Vormittag sprang die Kryptowährung auf der Handelsplattform Bitstamp bis auf 123.200 Dollar, nachdem sie am frühen Morgen erstmals über die Marke von 120.000 Dollar gestiegen war. Zuletzt wurden wieder etwas weniger als 120.000 Dollar bezahlt. Dahinter stecken Hoffnungen auf weitere regulatorische Lockerungen in den USA. Der US-Kongress berät in dieser Woche über mehrere Gesetzesvorlagen für den Kryptosektor.
"Im Vorfeld der 'Crypto Week' decken sich offensichtlich nun auch die letzten Spekulanten ein", sagte Experte Timo Emden vom Analysehaus Emden Research. "Anleger sollten sich jedoch vor Augen halten, dass der Abbau regulatorischer Hürden auch potenzielle Risiken und Nebenwirkungen mit sich bringen kann."
Zalando schwächer - Konkurrenz durch TikTok?
Größter Kursverlierer im DAX war die Zalando-Aktie mit einem Minus von rund 5,3 Prozent. Die Expertinnen und Experten der US-Investmentbank Morgan Stanley senkten ihre Prognose für das operative Ergebnis (Ebit) des Unternehmens für 2025 bis 2027 um drei Prozent. Zugleich wurde das Kursziel auf 25,50 von zuvor 28,50 Euro herabgesetzt. Hintergrund sei die wachsende Konkurrenz durch Einkaufsplattformen in den sozialen Medien, etwa beim Kurzvideodienst TikTok.
Commerzbank an der DAX-Spitze
Mit einem Plus von gut zwei Prozent standen Commerzbank-Papiere an der DAX-Spitzte. Sie profitierten von einem positiven Analystenkommentar sowie anhaltenden Übernahmespekulationen.
Deutsche Bank Research hat das Kursziel für Commerzbank von 29 auf 33 Euro angehoben und die Einstufung auf "Buy" belassen. Im Vergleich zum Bankensektor seien die Aktien der Commerzbank nicht länger günstig bewertet, schrieb Benjamin Goy in seiner heute vorliegenden Einschätzung. Das Geldhaus dürfte aber die Profitabilität kontinuierlich steigern und die Erwartungen übertreffen.
BASF senkt wegen Zoll-Unsicherheiten Gewinnprognose
Der weltgrößte Chemiekonzern BASF hat wegen der anhaltenden makroökonomischen und geopolitischen Unsicherheiten infolge der US-Zölle seine Prognose gekappt. Für 2025 strebt BASF nun beim bereinigten Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) 7,3 Milliarden bis 7,7 Milliarden Euro an. Zuvor hatte das DAX-Unternehmen 8,0 bis 8,4 Milliarden Euro angepeilt.
Auch Brenntag wird skeptischer
Auch der Chemikalienhändler Brenntag senkte seine Ergebniserwartungen. Der Konzern rechnet für das Geschäftsjahr 2025 nun nur noch mit einem operativen Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebita) von 0,95 bis 1,05 Milliarden Euro. Zuvor war der Konzern von 1,1 bis 1,3 Milliarden Euro ausgegangen. Zur Begründung verwies Brenntag auf die ungünstige Entwicklung des Euro/Dollar-Wechselkurses seit Beginn des zweiten Quartals.
Bayer erhält FDA-Zulassung für Kerendia bei Herzinsuffizienz
Bayer kann sein Medikament Kerendia für ein weiteres Anwendungsgebiet auf den Markt bringen. Die US-Arzneimittelbehörde FDA gab grünes Licht für den Einsatz bei erwachsenen Patienten mit einer häufigen Form der Herzinsuffizienz. Auch in der EU sowie in weiteren Ländern wird die Zulassung derzeit geprüft. Kerendia ist bereits für die Behandlung chronischer Nierenerkrankungen in Verbindung mit Typ-2-Diabetes zugelassen.
Thyssenkrupp-Stahlarbeiter sollen acht Prozent weniger bekommen
Bei Deutschlands größtem Stahlhersteller thyssenkrupp Steel Europe (TKSE) haben sich das Management und die Gewerkschaft IG Metall auf einen bis 2030 gültigen Tarifvertrag geeinigt, der eine Reduzierung der Arbeitszeit, die Streichung des Urlaubsgeldes und andere Einsparpunkte enthält. Im Schnitt dürfte das Einkommen der Mitarbeitenden um etwa acht Prozent sinken.
Flatexdegiro erhöht die Prognose
Eine Prognoseerhöhung hat den vor knapp einer Woche gestarteten Aufwärtstrend der Aktien von Flatexdegiro kräftig unterstützt. Die Papiere des Online-Brokers zogen heute letztlich um 4,1 Prozent auf 26,60 Euro an und zählten so zu den besten Werten im MDAX.
Flatex erhöhte nach einem Rekordhalbjahr die Prognosen für 2025. Der Umsatz werde 2025 um vier bis acht Prozent auf 499 bis 518 Millionen Euro zulegen, hieß es in einer Pflichtmitteilung. Bisher hatte FlatexDegiro auch einen Rückgang um bis zu fünf Prozent für möglich gehalten. Der Nettogewinn werde um 15 bis 25 Prozent auf 128 bis 139 Millionen Euro steigen; bisher lag die Erwartung bei minus fünf bis plus zehn Prozent.
Bereits im ersten Quartal hatte das Auf und Ab an den Kapitalmärkten im Zuge der US-Zolldrohungen für ein starkes Geschäft gesorgt. Im zweiten Quartal legte Flatexdegiro weiter zu. Am Mittwoch letzter Woche hatte Analyst Mengxian Sun von Deutsche Bank Research eine potenzielle Anhebung der Geschäftsziele in den Raum gestellt. Der Experte verwies auf die im ersten Halbjahr zu erwartende Profitabilität.
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