Donald Trump macht Jan Kurth Angst. „Wir sind sehr beunruhigt“, sagt der Geschäftsführer des Verbands der deutschen Möbelindustrie (VDM). Vor wenigen Tagen hat der US-Präsident auf seiner Plattform „Truth Social“ eine umfassende Sektoruntersuchung für den Möbelbereich angekündigt. Geprüft werde, ob künftig zusätzliche Zölle auf Importe erhoben werden. „Dies wird die Möbelindustrie zurück nach North Carolina, South Carolina, Michigan und in alle anderen Bundesstaaten der Union bringen.“

50 Tage will sich Trump Zeit lassen für eine finale Entscheidung. Unklar ist allerdings noch, ob der weitere Aufschlag zusätzlich zu den bestehenden länderspezifischen Zöllen kommen soll oder ob er sie ersetzt. Bei Möbeln aus Deutschland zum Beispiel gilt derzeit der ausgehandelte EU-Satz von 15 Prozent. Und schon der entwickelt sich zu einem Problem für die hiesigen Hersteller, das zeigt eine aktuelle Mitgliederbefragung des VDM. Danach rechnen 85 Prozent der Unternehmen mit einem rückläufigen Exportgeschäft in Richtung Amerika. Denn die Zollkosten müssten an die dortigen Verbraucher weitergegeben werden. „Der Ausblick ist deutlich eingetrübt“, konstatiert Kurth.

Dabei waren die USA zuletzt eigentlich eine der großen Hoffnungen für die krisengeplagte deutsche Möbelindustrie, die sich aufgrund der Konsumzurückhaltung im eigenen Land immer stärker exportorientiert zeigt. Mehr als ein Drittel der Produktion geht mittlerweile ins Ausland, allen voran in die Nachbarländer Frankreich, Schweiz, Österreich und Niederlande. Die Vereinigten Staaten sind derweil der stärkste Markt außerhalb von Europa. Mit einem Verkaufsvolumen von gut 132 Millionen Euro in den ersten sechs Monaten 2025 liegen sie mittlerweile auf Platz zehn der Exportstatistik. Die Ausfuhren steigen dabei schon seit einigen Jahren, gefragt sind vor allem Küchen und Büroeinrichtungen mit dem Label Made in Germany, aber auch Polster- und Wohnmöbel.

Und es gibt weiteres Potenzial. Immerhin ist der US-Markt mit einem jährlichen Volumen von fast 100 Milliarden Dollar einer der größten weltweit. Und er ist auf Importe angewiesen, wie Daten des CSIL World Furniture Outlook zeigen. Denn danach liegt die Inlandsproduktion lediglich bei 59 Milliarden Dollar. Und davon müssen eigene Exporte noch abgezogen werden. „Die amerikanischen Hersteller können den Bedarf gar nicht selbst decken“, bestätigt VDM-Geschäftsführer Kurth. „Zudem bauen die US-Anbieter vor allem Einbaumöbel und damit völlig andere Möbel als viele Verbraucher mittlerweile haben wollen.“

Rund 43 Prozent der in den USA verkauften Möbel stammen mittlerweile aus dem Ausland. Europa mit vor allem Italien und Deutschland als Lieferländern hat dabei einen Anteil von weniger als zehn Prozent. Der Löwenanteil kommt nämlich aus Asien, allen voran aus China und Vietnam, die zusammen 55 Prozent der US-Möbel-Importe liefern. Sie dürfte Trump damit vor allem im Blick haben.

Die US-Zollpolitik hat auch indirekte Effekte

Doch auch das hat Auswirkungen auf die deutsche Möbelindustrie. Umleiteffekt ist hier das Stichwort. „Da die Absatzmöglichkeiten für Anbieter aus diesen beiden Ländern infolge der Zölle erschwert sind, drängen die Möbel aus China und Vietnam auf andere Märkte“, erklärt Branchenvertreter Kurth. Das erschwere die Konkurrenzsituation in anderen Exportmärkten und nicht zuletzt auch die Lage in Deutschland selbst als dem größten Einrichtungsmarkt in Europa.

Zu beobachten sind diese indirekten Folgen der von Trump im April begonnenen Zollpolitik hierzulande schon jetzt. So stiegen die Einfuhren aus China im ersten Halbjahr um fast 25 Prozent auf 1,7 Milliarden Euro. Die Volksrepublik steht damit schon für fast ein Drittel der hiesigen Importe. Das Liefervolumen aus Vietnam wiederum ist im selben Zeitraum um 21 Prozent gestiegen. Eine Vielzahl von vor allem billigen Möbeln, die eigentlich für die USA gedacht waren, dürften damit in Deutschland gelandet sein.

Gleichzeitig haben auch etliche andere Länder teils wesentlich mehr Ware in die Bundesrepublik geliefert, etwa Polen und Italien, Litauen und Rumänien oder Österreich und Tschechien. Unter dem Strich erhöhte sich der Importanteil am deutschen Möbelmarkt damit im ersten Halbjahr auf fast 60 Prozent und damit auf den höchsten bislang gemessenen Wert, wie es vom VDM heißt. Zum Vergleich: 2024 lag der Anteil noch bei 53,1 Prozent.

Die deutschen Hersteller werden damit in zusätzliche Preiskämpfe verwickelt. Denn kostenseitig können sie mit China, Vietnam, Polen und Co, nicht mithalten. „Wir werden nicht mit China konkurrenzfähig, wenn es darum geht, einen Stuhl für 25 Euro herzustellen“, sagt Verbandschef Kurth. Man könne aber mit Argumenten zur Qualität, Sicherheit und Herkunft der Materialien überzeugen.

Rückläufige Baufertigstellungen

Doch das scheint derzeit nicht wirklich zu verfangen bei den Konsumenten in Deutschland. Schön länger leidet die Branche unter dem schwachen Konsumklima und der am Boden liegenden Baukonjunktur. „Jedes Haus und jede Wohnung, die nicht gebaut werden, müssen auch nicht eingerichtet werden“, beschreibt Kurth. Gab es 2024 noch 252.000 Baufertigstellungen in Deutschland, prognostiziert das Ifo-Institut für dieses Jahr nur noch 205.000 Einheiten und für 2026 gerade noch 185.000. Zwar seit der Bau-Turbo der neuen Bundesregierung ein wichtiger erster Schritt. „Der Effekt ist bislang aber überschaubar.“ Es müsse nicht schneller gebaut werden, sondern mehr. Und dafür brauche es mehr Geld im System, etwa durch eine Aufstockung von Förderprogrammen oder durch Erleichterungen bei der Grunderwerbssteuer.

Ohnehin hat sich die Möbelindustrie mehr versprochen von der neuen Bundesregierung. „Nach den quälenden Jahren der Ampel-Regierung, hatte man eigentlich das Gefühl, dass endlich etwas passiert. Leider warten wir immer noch“, kritisiert Kurth. Zumal seine Branche auf Impulse und eine verbesserte Verbraucherstimmung angewiesen ist.

Stattdessen sind die Umsätze der gut 4000 deutschen Möbelhersteller weiter rückläufig. Nach einem Minus von 7,8 Prozent im Jahr 2024 gab es in den ersten sechs Monaten 2025 nochmal einen Rückgang von gut fünf Prozent, zeigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Das Inlandsgeschäft lief dabei merklich schlechter als der Export, meldet der VDM. Gut ein Drittel der Betriebe plant daher im laufenden dritten Quartal mit Kurzarbeit. Zudem gibt es immer wieder Insolvenzen.

Zwar glaubt der Verband an eine Belebung im Herbst/Winter. „Erfahrungsgemäß rückt nach dem Ende der Urlaubszeit das eigene Zuhause wieder stärker in den Fokus der Menschen“, begründet Kurth. Gleichwohl droht der Branche mit weniger als 16 Milliarden Euro Jahresumsatz die schlechteste Bilanz seit 15 Jahren.

Dieser Artikel wurde für das Wirtschaftskompetenzzentrum von WELT und Business Insider erstellt.

Carsten Dierig ist Wirtschaftsredakteur in Düsseldorf. Er berichtet über Handel und Konsumgüter, Maschinenbau und die Stahlindustrie sowie Mittelstandsunternehmen.

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt beim ursprünglichen Autor. Die erneute Veröffentlichung dieses Artikels dient ausschließlich der Informationsverbreitung und stellt keine Anlageberatung dar. Bei Verstößen kontaktieren Sie uns bitte umgehend. Wir werden bei Bedarf Korrekturen oder Löschungen vornehmen. Vielen Dank.