Das weitgehende Ausbleiben großer wirtschaftspolitischer Reformen belastet das Verhältnis zwischen der Bundesregierung und der deutschen Wirtschaft. Erste Wirtschaftsvertreter haben sich mit offener Kritik an Bundeskanzler Friedrich Merz an die Öffentlichkeit gewagt. Der „Spiegel“ hat etliche Unternehmer und Manager befragt – und stark wachsende Ungeduld beobachtet.

„Der Herbst der Reformen nähert sich dem Ende, also zumindest kalendarisch. Viel gesehen haben wir noch nicht“, kritisierte Christian Hartel, der Chef des Chemieriesen Wacker.

„Immer etwas zu versprechen, was dann nicht kommt, ist besonders nervig und frustrierend“, sagte Thomas Hoppe, Bundesvorsitzender der Jungen Unternehmer.

Marie-Christine Ostermann, Chefin des Familienunternehmens Rullko und Präsidentin des Verbands „Die Familienunternehmer“, bilanzierte: „Ich empfinde die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung als unternehmerfeindlich.“

Zwei Drittel der deutschen Wirtschaft, schätzte der Gründer der gleichnamigen Unternehmensberatung Roland Berger im „Spiegel“, seien mit der Wirtschaftspolitik der Regierung unzufrieden, vor allem der Mittelstand und die Familienunternehmen, aber auch gut die Hälfte aller Großkonzerne. Die Wirtschaft sei „enttäuscht vom Ausbleiben der versprochenen Reformen“, sagte er. Es wachse eine gewisse Hoffnungslosigkeit, analysierte der ehemalige Chef des Bundesverbands der Deutschen Industrie Siegfried Russwurm. „In der Industrie macht sich große Skepsis breit, ob die Politik zu echten Veränderungen bereit ist.“

Der Unternehmer und Milliardär Jürgen Heraeus fand besonders harte Worte für die schwarz-rote Wirtschaftspolitik. „Ich bin extrem pessimistisch und denke, dass es in der Konstellation mit CDU und SPD keinen Schub für die Wirtschaft mehr gibt“, sagte Heraeus, der den milliardenschweren Gesellschafterclan rund um den gleichnamigen Hanauer Technologiegiganten (rund 30 Milliarden Euro Umsatz) anführte, gegenüber dem „Spiegel“.

Die einzige Lösung sei aus seiner Sicht eine Minderheitsregierung. „Die SPD ist kein Machtfaktor mehr in Deutschland. Und das muss man ihr auch jeden Tag sagen“, so der Milliardär. „Schon die Drohung würde die SPD unter Druck setzen, weil jeder Minister potenziell seinen Job davonschwimmen sehen würde.“

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