Es ist so weit: Die Marketing-Maschinerie läuft auf Hochtouren, E-Mail-Postfächer quellen über und auf nahezu jeder Website blinken die Prozentzeichen: Die Black Week mit ihrem Black Friday und der darauffolgende Cyber Monday haben begonnen. Die Tage rund um das letzte Novemberwochenende versprechen vollmundig die besten Angebote des Jahres und locken mit hohen Rabatten.
Doch die Rabattschlacht bringt für Verbraucher oft mehr Stress als Segen. Der psychologische Druck, das vermeintlich beste Schnäppchen nicht zu verpassen, ist groß. Die Folge: Schnell wird aus der gezielten Anschaffung ein unüberlegter Impulskauf, der das Konto stärker belastet als geplant. Denn nicht selten entpuppen sich vermeintliche Top-Angebote bei genauerem Hinsehen als Schein-Rabatte.
Viele wollen Black Friday und Cyber Monday nutzen
Die als „Streichpreise“ angegebenen Summen basieren oft auf der unverbindlichen Preisempfehlung (UVP) des Herstellers, die mitunter schon lange vor dem Schlussverkauf am Markt unterboten wurde. Immer wieder warnen Verbraucherschützer davor, unüberlegt zuzugreifen.
Eine Analyse des Preisvergleichsportals Idealo, das wie WELT AM SONNTAG zu Axel Springer gehört, hat eine Durchschnittsersparnis von nur sieben Prozent bei den Preisen im vergangenen Jahr ergeben, weit entfernt also von den Rabattversprechungen, die oft bei 30, 40 oder 50 Prozent liegen.
Trotzdem planen einer repräsentativen Idealo-Umfrage zufolge zwei Drittel der Verbraucher, den Black Friday für Einkäufe zu nutzen und dabei im Durchschnitt knapp 300 Euro auszugeben. „Wir empfehlen, vorbereitet in das Event zu gehen und sich nicht von hohen Streichpreisen blenden zu lassen“, sagt Florian Kriegel, Preisexperte bei Idealo.
Ein weiteres Ergebnis aus der Umfrage des Preisvergleichsportals: 30 Prozent der Befragten sind nach eigenen Angaben schon einmal auf unseriöse oder betrügerische Onlineshops hereingefallen. „Fake-Shops sind ein großes Ärgernis für Verbraucherinnen und Verbraucher“, sagt Ramona Pop, Vorständin beim Verbraucherzentrale-Bundesverband. Die Zahl der Beschwerden in den Verbraucherzentralen sei allein im vergangenen Jahr um fast fünfzig Prozent auf 10.000 angestiegen. Die wichtigsten Tipps, damit Verbraucher am Ende wirklich sparen und nicht in die Konsumfalle tappen:
Kleingedrucktes beachten
Zwar gelten auch beim Black Friday die vollen Verbraucherrechte, allerdings unterscheiden sie sich je nach Kaufort. Im Online-Handel greift grundsätzlich das gesetzliche 14-tägige Widerrufsrecht. Die Ware kann also ohne Angabe von Gründen zurückgesendet werden, unabhängig davon, ob es sich um ein Black-Friday-Angebot handelt oder nicht. Verbraucher sollten jedoch vor dem Kauf prüfen, wer die Kosten für den Rückversand trägt, da Händler diese auf den Käufer umlegen dürfen.
Anders sieht es im stationären Handel aus. Kauft man im Laden, gibt es kein gesetzliches Umtauschrecht bei Nichtgefallen. Nimmt ein Händler reduzierte Ware zurück, ist das reine Kulanz. Die Bedingungen sollten vor dem Kauf erfragt werden. Unberührt davon bleiben die gesetzliche Gewährleistung und eine eventuelle Herstellergarantie: Ist ein Produkt mangelhaft, besteht Anspruch auf Reparatur oder Ersatz.
Schwierigkeiten kann es geben, wenn Produkte von Händlern gekauft werden, die sich außerhalb der Europäischen Union befinden. Hier lassen sich Verbraucherrechte oftmals nicht durchsetzen. „Waren, die in den europäischen Binnenmarkt gelangen, müssen europäische Vorgaben einhalten“, sagt Frank Schwabe, Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Dies sei aber oft nicht der Fall. „Viele dieser Produkte entsprechen nicht den EU-Standards zum Verbraucherschutz und zur Produktsicherheit.“
Preis-Check ist wichtig
Händler werben mit aggressiven Streichpreisen und hohen Rabatt-Prozentzahlen. Doch diese Zahlen sind oft irreführend. Die Angabe der unverbindlichen Preisempfehlung (UVP) als Referenz ist eine gängige Praxis, selbst wenn dieser Preis oft schon Monate vor dem Black Friday nicht mehr dem realen Marktwert entsprach.
Zwar müssen Händler in der EU seit Mai 2022 als Referenz den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage angeben, doch diese Regel wird bisweilen umgangen, indem der Preis vor dieser Frist künstlich erhöht wird. „Um echte Schnäppchen von Fakes zu unterscheiden, lohnt es sich, die Preise über einen längeren Zeitraum zu beobachten und stets Angebote mehrerer Händler zu vergleichen“, sagt Idealo-Preisexperte Florian Kriegel. Um einen echten Rabatt zu identifizieren, ist die Nutzung von unabhängigen Preisvergleichsportalen unerlässlich.
Diese bieten Preisverlaufs-Grafiken, die den Durchschnittspreis der letzten drei, sechs oder zwölf Monate zeigen. Nur wenn der Black-Friday-Preis signifikant unter diesem Langzeit-Durchschnitt liegt, handelt es sich um ein echtes Schnäppchen. In den Vergleich müssen zudem stets die Versandkosten einbezogen werden, da manche Händler einen niedrigen Produktpreis durch hohe Liefergebühren kompensieren.
Die Vergleichsportale bieten zudem oftmals einen Preisalarm. Hier kann man seinen Wunschpreis eingeben und bekommt auch jenseits des Black Fridays eine Benachrichtigung, wenn das Produkt zu diesem Preis irgendwo angeboten wird.
Wunschliste gegen den Kaufrausch
Die größte Gefahr der Rabatttage liegt im unstrukturierten Surfen. Das Gefühl, ein Schnäppchen zu machen, führt zu Impulskäufen, also dem ungeplanten Erwerb von Dingen, die man nicht benötigt. Das effektivste Gegenmittel ist eine detaillierte Wunschliste, die vor den Aktionstagen erstellt wird.
Diese Liste dient als rationaler Anker. Sie sollte nicht nur grobe Kategorien wie „Fernseher“ oder „Smartphone“ enthalten, sondern präzise Modellbezeichnungen. Gerade im Technikbereich nutzen Hersteller den Black Friday oft, um Modelle mit ähnlichen Namen, aber abgespeckter Hardware abzusetzen, also langsameren Prozessoren in Computern oder Displays mit geringerer Qualität.
Interessenten sollten sich zudem darauf einstellen, nicht unbedingt das neuste Modell deutlich verbilligt zu bekommen. Denn bei Neuerscheinungen halten sich die Hersteller mit Rabatten zurück. Oft geht es ihnen darum, Vorjahresmodelle aus den Lagern zu bekommen. Nur wer sein Wunschmodell genau kennt, kann Lockvögel entlarven.
Die Wunschliste sollte zudem priorisiert werden: Was wird wirklich dringend benötigt und was wäre nur eine nette Ergänzung? So lässt sich das Budget gezielt auf die wichtigsten Anschaffungen konzentrieren.
Obergrenze fürs Budget
Es ist es ratsam, vorher ein festes Gesamtbudget für die Aktionstage festzulegen und sich diszipliniert daran zu halten. Dieses Budget kann auch aufgeteilt werden, etwa in notwendige Anschaffungen und Weihnachtsgeschenke.
Vorsicht ist bei Zahlungsarten geboten, die den Kaufimpuls erleichtern. „Buy Now, Pay Later“-Dienste (BNPL) oder Ratenzahlungen verschleiern die Gesamtkosten. „Bei dieser Zahlweise ist das Risiko für eine Überschuldung hoch“, sagt Ramona Pop vom Verbraucherzentrale Bundesverband. Gerade bei jüngeren Kunden beobachten die Verbraucherzentralen eine zunehmende Verschuldung.
Vorsicht vor Fake-Shops
Die Hektik der Schnäppchenjagd nutzen Betrüger gezielt aus. In der Flut der Angebote tauchen vermehrt professionell wirkende Fake-Shops auf. Sie sehen aus wie normale Online-Shops, sind aber gefälscht und wollen betrügen. Wer dort einkauft und bezahlt, erhält keine Ware.
Verbraucher sollten daher bei unbekannten Anbietern immer das Impressum prüfen: Ist eine vollständige deutsche Adresse samt Handelsregisternummer vorhanden? Ein weiteres Muss ist die Kontrolle der Browserzeile. Einkäufe sollten nur bei einer sicheren Verbindung (erkennbar am „https://“ und einem Schloss-Symbol) getätigt werden.
Alarmzeichen sind auch die angebotenen Zahlungsarten. Wird ausschließlich Vorkasse per Überweisung verlangt, ist höchste Vorsicht geboten, da das Geld bei Betrug meist verloren ist. Sichere Optionen sind der Kauf auf Rechnung oder Bezahldienste mit Käuferschutz. Es gibt noch weitere Anzeichen für Betrug. „Wenn das Angebot für das neue Smartphone zu gut klingt, um wahr zu sein, ist es das in den meisten Fällen auch“, erklärt Sabine Brandl, Rechtsexpertin bei der Ergo-Versicherung.
Die Verbraucherzentralen betreiben im Internet einen Fake-Shop-Finder. Hier können Nutzer die Internetadresse des Online-Shops eingeben. Das Portal prüft unter anderem, ob ein Impressum hinterlegt ist, vergleicht die Adresse im Impressum mit der hinterlegten Adresse, die zur Umsatzsteuer-ID gehört und fragt Bewertungen auf Trusted Shops und bei Trustpilot ab. Eine Analyse des Verbraucherzentrale-Bundesverbands von 653 Fake-Shops hat in diesem Zusammenhang ergeben, dass die Hälfte dieser Seiten Werbung bei Google oder Meta schalteten.
Psycho-Tricks erkennen
Online-Shops sind darauf optimiert, den rationalen Teil des Gehirns auszuschalten und den Kaufimpuls zu maximieren. Sie nutzen dafür ein Arsenal an psychologischen Werkzeugen, sogenannte „Dark Patterns“, die Dringlichkeit signalisieren.
Dazu gehört die künstliche Verknappung – „Nur noch zwei Stück auf Lager“ – oder der soziale Druck, weil sich gerade 30 andere Personen diesen Artikel ansehen. Ebenso beliebt sind ablaufende Countdowns, bei denen das Angebot in 15 Minuten endet. Auf diese Weise soll eine überlegte Recherche verhindert werden. Oft wird auch „Confirmshaming“ genutzt, bei dem der Klick auf „Nein danke“ mit einer negativen Formulierung wie „Nein, ich verzichte auf meinen Rabatt und zahle lieber mehr“ versehen wird.
Eine weitere Taktik sind „Bundles“, also Paketangebote, bei denen ein attraktives Produkt mit weniger gefragtem Zubehör gebündelt wird, dessen Einzelpreis oft überhöht ist. Die effektivste Gegenwehr ist bewusstes Bremsen: das Produkt in den Warenkorb zu legen, aber die Seite für mindestens eine Stunde – besser noch über Nacht – verlassen. Diese „Warenkorb-Pause“ lässt den ersten Adrenalinschub verfliegen und ermöglicht eine rationale Bewertung des Kaufwunsches.
Dieser Artikel wurde für das Wirtschaftskompetenzzentrum von WELT und „Business Insider Deutschland“ erstellt.
Thomas Heuzeroth ist Wirtschaftsredakteur in Berlin. Er berichtet über Verbraucher- und Technologiethemen, Unterhaltungselektronik und Telekommunikation.
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