Gaskraftwerke sollen bei der Energieerzeugung Flauten beim Wind und wolkenverhangene Tage ausgleichen. Die neue Regierung verhandelt dazu mit der EU wegen etwaiger Beihilfen. Nach der Einigung sollen die Ausschreibungen noch in diesem Jahr beginnen.

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche will den Neubau von Gaskraftwerken rasch auf den Weg bringen. "Wir wollen Ende des Jahres zu den ersten Ausschreibungen kommen", sagte die CDU-Politikerin auf einem Branchenkongress des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) in Berlin. Darüber sei sie in Gesprächen mit der EU-Kommission, die für die geplanten staatlichen Hilfen grünes Licht geben muss. Der wichtigste Energie-Lobbyverband forderte die Regierung auf, die geplanten Strompreisentlastungen solide zu finanzieren.

Reiche ergänzte am Rande der Konferenz, dass in einem ersten Schritt Kraftwerke für eine Gesamtleistung zwischen fünf und zehn Gigawatt ausgeschrieben werden sollen. "Es kommt darauf an, wie weit wir uns mit der Kommission beihilferechtlich einigen können." Zunächst seien es vermutlich Gaskraftwerke, "weil diese schnell und auch kostengünstig zu beschaffen sind", sagte sie. "Wenn flexible, steuerbare Leistung nicht genug vorhanden ist, laufen wir in Versorgungssicherheitszustände, die ernst zu nehmen sind. Wir können es uns nicht leisten, auf Kante genäht zu fahren. Viele Übertragungsnetzbetreiber haben ihre Sorge darüber zum Ausdruck gebracht, dass wir sehr, sehr knapp sind, was Reserven betrifft."

Im Koalitionsvertrag ist ein Zubau von Gaskraftwerken mit einer Leistung von bis zu 20 Gigawatt vorgesehen. Sie sollen vor allem die schwankende Stromproduktion aus Wind- und Solarenergie ausgleichen. Geplant ist eine staatliche Förderung, deshalb muss die EU-Kommission zustimmen. Auch die frühere Bundesregierung hatte bereits eine Förderung für den Bau neuer Kraftwerke geplant. Nach dem Konzept des früheren Wirtschaftsministers Robert Habeck sollten die Gaskraftwerke bereit sein für eine spätere Umrüstung auf Wasserstoff. Reiche ließ diesen Punkt offen.

Reiche bekräftigte, dass sie bei der Energiewende Korrekturen am Kurs von Habeck vornehmen will. Zwar sei der Ausbau der erneuerbaren Energien aus Wind und Sonne ein Erfolg. Das sei aber nicht alles. Man müsse auf die Systemkosten schauen. Reiche zielt damit auf hohe Kosten, um Engpässe im Netz zu beseitigen. Es gehe darum, zu mehr Kosteneffizienz zu kommen und langfristig Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

Die Ministerin hatte bereits einen "Realitätscheck" der Energiewende angekündigt, um auf dieser Basis die Bedarfe für den Ausbau der erneuerbaren Energien, für gesicherte Leistungen aus Kraftwerken und den Netzausbau neu zu ermitteln. Das könnte zu neuen Ziele beim Ausbau der erneuerbaren Energien führen.

Noch vor der Sommerpause will die Regierung laut Reiche Entlastungen beim Strompreis auf den Weg bringen. Das Paket werde die Absenkung der Stromsteuer, die Reduzierung der Netzentgelte und die Abschaffung der Gasspeicherumlage beinhalten, unterstrich Reiche.

"Wenn Strompreisentlastungen in zweistelliger Milliardenhöhe in den Raum gestellt werden, dann muss das aus dem Haushalt finanziert werden", forderte BDEW-Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae. Um Investitionssicherheit zu gewährleisten, dürften die dafür erforderlichen finanziellen Mittel aber nicht Jahr für Jahr wieder verringert werden. Der BDEW habe daher die "sehr klare Forderung" an die Bundesregierung, die Strompreisentlastungen aus dem Kernhaushalt und nicht aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) zu finanzieren.

Umweltverbände wollen Klima-Sondervermögen

Die großen deutschen Umweltverbände dringen darauf, Mittel aus dem neuen Sondervermögen des Bundes gezielt für Investitionen in mehr Klimaschutz zu nutzen. Verlangt werden in der am Mittwoch in Berlin veröffentlichten gemeinsamen Erklärung zusätzliche Mittel für Investitionen in die Eisenbahninfrastruktur von jährlich zehn Milliarden Euro sowie noch einmal den gleichen Betrag für weitere öffentliche Verkehrsmittel und die Infrastruktur für den Radverkehr. Klimaschädliche Investitionen müssten hingegen unterbleiben.

Die Verbände fordern auch pro Jahr zusätzlich sechs Milliarden Euro für die energetische Gebäudesanierung, für die damit insgesamt 20 Milliarden Euro zur Verfügung stehen würden. Zusätzlich drei Milliarden Euro sollen in kommunale Wärmenetze fließen, eine Milliarde Euro in den natürlichen Klimaschutz wie die Renaturierung von Mooren, Wäldern und Auen. Zusätzlich 2,5 Milliarden Euro sollen für internationalen Klimaschutz zur Verfügung stehen, zusätzlich 0,6 Milliarden Euro für die Transformation der Industrie.

Keine zusätzlichen Gelder soll es hingegen für neue Gaskraftwerke oder Flüssiggas-Terminals geben, auch nicht für die Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid (CCS). Beim Straßenbau soll der Fokus auf Erhalt und Sanierung liegen. Abgelehnt werden unter anderem auch Mittel für eine Senkung des Industriestrompreises und für eine Förderung von Hybridfahrzeugen.

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