Der Zusammenschluss von AkzoNobel (bekannt u.a. für seine Marken Dulux, Lesonal und Sikkens) und Axalta (mit den bekannten Autolackmarken Cromax, Spies Hecker und Standox) bringt zwei führende Unternehmen der Beschichtungsindustrie mit sich ergänzenden Portfolios mehrerer bekannter Lackmarken zusammen. Hauptziele dabei sind vernehmlich eine verbesserte Kundenbetreuung in den jeweiligen Endmärkten, aber auch eine signifikante Wertsteigerung des Gesamtinvests für Aktionäre, Mitarbeiter und weitergehende Interessengruppen.
Präsenz in mehr als 160 Ländern
Geschichte, Know-how, Finanz- und Innovationskraft des weltweit in mehr als 160 Ländern vertretenen "Kombi-Unternehmens" sind starke Argumente für einen nachhaltigen, globalen Service, der auch im Wettbewerb mit den verbleibenden Lackherstellern eine nicht unbedeutende Rolle spielen dürfte.
Sorgen der Werkstatt-Repräsentanten
Eurogarant-Vorstand Peter Börner hat die Übernahme von Axalta durch AkzoNobel bereits am vergangenen Mittwoch auf der Deutschland-Tour im oberbayerischen Reichertshofen mit gewisser Sorge gewertet, insbesondere vor dem Hintergrund, als schon im Vormonat Oktober der Verkauf der BASF-Lacksparte an den Finanzinvestor Carlyle bekannt wurde. Börner sah die wachsende Konzentration nicht zuletzt vor dem Hintergrund der regelmäßig von den Versicherern vorgetragenen Kritik an steigenden Unfallreparaturkosten. Wie zuletzt mehrfach auch ZKF-Präsident Arndt Hürter und -Hauptgeschäftsführer Thomas Aukamm kritisierten, werden Werkstätten zwar nicht für die weit über dem Verbraucherindex erhöhten Ersatzteilpreise der Automobilhersteller, dafür häufig aber für die ebenfalls stark ansteigenden Lackkosten zumindest mit verantwortlich gemacht.
Enormes Wachstum erwartet
Fachleute erwarten von dem neuen Gemeinschaftsunternehmen ein "substanzielles Wachstum und die Schaffung von Shareholder Value", das aktuell auf einem Umsatz von ca. 17 Mrd. US-Dollar (2024) und einem bereinigten Free Cashflow von 1,5 Mrd. US-Dollar auf Pro-forma-Basis aufbaut. Erwartet werden realisierbare Run-Rate-Synergien von rund 600 Mio. US-Dollar. Rund 90 Prozent von dieser Summe soll bereits innerhalb der ersten drei Jahre nach Abschluss der Transaktion erzielt werden.
Große Euphorie bei AkzoNobel
Greg Poux-Guillaume, Chief Executive Officer und Vorstandsvorsitzender von AkzoNobel, äußerte sich wie folgt zu dem Zusammenschluss der beiden Lacksparten: "Wir freuen uns, ein neues Kapitel in unserer langen und stolzen Geschichte als führendes Unternehmen in der Farben- und Lackindustrie aufzuschlagen. Dieser Zusammenschluss wird es uns ermöglichen, unsere Wachstumsambitionen zu beschleunigen, indem wir hochgradig komplementäre Technologien, Fachwissen und leidenschaftliche Mitarbeiter zusammenbringen, um unser gesamtes gemeinsames Potenzial auszuschöpfen. Ich freue mich darauf, unsere talentierten Teams zu leiten, um unseren Kunden und Aktionären das Beste aus beiden Unternehmen zu bieten und für beide einen herausragenden Wert zu schaffen."
Ben Noteboom, Vorsitzender des Aufsichtsrats von AkzoNobel: "Dieser Zusammenschluss stellt eine überzeugende Gelegenheit dar. Es ist ein großartiges Wertangebot für alle unsere Stakeholder, sowohl in den Niederlanden – wo wir unseren Sitz haben –, als auch international, einschließlich unserer Aktionäre, Kunden und Mitarbeiter. Es entsteht ein weltweit führendes Unternehmen im Bereich Beschichtungen. Dies ist ein bedeutender Schritt, der nachhaltiges Wachstum fördert und es uns ermöglicht, unsere Kunden besser zu bedienen. Indem wir zwei Weltklasse-Organisationen zusammenführen, schaffen wir eine starke Plattform für die Zukunft, die auf einem soliden Fundament gemeinsamer Werte und Traditionen aufbaut."
Axalta sieht Branche "weiter wachsen"...
Chris Villavarayan, CEO und Präsident von Axalta: "Wir freuen uns, diese Transaktion mit AkzoNobel abzuschließen und unsere erstklassigen Plattformen zu vereinen, um Innovationen zu fördern, neue Fähigkeiten zu entwickeln und die Kundenbeziehungen weiter zu stärken. Da unsere Branche weiter wächst und sich weiterentwickelt, ermöglicht uns dieser Zusammenschluss mit AkzoNobel, dasselbe zu tun, mit einem schärferen Wettbewerbsvorteil und neuen Wegen und Möglichkeiten für Wachstum. Gemeinsam sind AkzoNobel und Axalta in der Lage, einen profitablen und nachhaltigen Weg in die Zukunft als führendes Unternehmen der Lackindustrie einzuschlagen. Wie AkzoNobel schätzen wir unsere Mitarbeiter als unser größtes Kapital, und wir freuen uns darauf, unsere vielfältigen, innovationsorientierten Kulturen zu vereinen."
Rakesh Sachdev, Vorsitzender des Axalta-Verwaltungsrats: "Der Vorstand von Axalta ist zuversichtlich, dass dieser Zusammenschluss mit AkzoNobel einen erheblichen Wert für unsere Aktionäre schaffen wird, während wir uns weiterentwickeln. Unter der Leitung eines erfahrenen Managementteams, das sich durch operative Effizienz und Exzellenz auszeichnet, erwarten wir, dass die bedeutenden Synergiemöglichkeiten und das verbesserte Finanzprofil des kombinierten Unternehmens zu einer erheblichen Wertschöpfung führen werden. Wir freuen uns darauf, die Stärken von Axalta und AkzoNobel zu bündeln, um neue Möglichkeiten für unsere weltweiten Interessengruppen zu schaffen.
Abschluss und neuer Name bis "spätestens Anfang 2027"
Die Unternehmen gehen davon aus, dass die Transaktion noch Ende 2026, spätestens aber bis Anfang 2027 abgeschlossen sein wird – vorbehaltlich der Zustimmung der Aktionäre beider Konzerne und aller notwendigen behördlichen Genehmigungen sowie der Genehmigung für die Aktien-Notierung des fusionierten Unternehmens an der NYSE und sonstiger Detailauflagen.
Das fusionierte Unternehmen wird definitiv einen neuen Namen und ein neues Börsenkürzel erhalten, die zu gegebener Zeit noch bekannt gegeben werden sollen. Darüberhinaus wird es in Amsterdam und Philadelphia insgesamt zwei Hauptsitze geben. Ferner soll das fusionierte Unternehmen unter einer niederländischen Holdinggesellschaft mit steuerlicher Ansässigkeit in den Niederlanden organisiert sein. Nach einer Phase der doppelten Notierung an der Euronext Amsterdam und der New York Stock Exchange (NYSE) werden die Aktien des fusionierten Unternehmens am Ende ausschließlich an der NYSE notiert sein.
Akzo als "Primus" unter vermeintlich Gleichen
Akzo Nobel ist an der Börse deutlich mehr wert als der US-Konzern Axalta. Die Niederländer brachten es zum Handelsschluss am Montag, den 17. November 2025, auf eine Marktkapitalisierung von 9,7 Milliarden Euro. Axalta Coating Systems kam zur selben Zeit auf umgerechnet rund 5,2 Milliarden Euro.
Der aktuell beschlossene Zusammenschluss hätte ursprünglich bereits 2017 zustandekommen sollen. Letztlich aber wurde vor acht Jahren (noch) keine Einigung erzielt. Im Frühjahr dieses Jahres spekulierten die Märkte schließlich über ein Interesse von AkzoNobel an der Lacksparte des Chemiekonzerns BASF. Auch das klappte schließlich nicht.
Carlyle ist wieder da – als Käufer der BASF-Lacksparte
Und so verkaufte BASF seinen Lack-Geschäftsbereich im Oktober 2025 dann an den amerikanischen Finanzinvestor Carlyle, der just vor genau einem Jahrzehnt Anfang Dezember 2015 bereits die Innovation Group (IG) für seinerzeit rund 500 Mio. britische Pfund übernommen hatte.
Nachdem Carlyle 2019 die weitere Finanzierung der Innovation Group aber einstellte, übernahmen mehrere Banken die Carlyle-Anteile im Rahmen einer Restrukturierung und verkauften sie direkt an andere Investoren weiter. Deren Nachfolger als Eigentümer der Innovation Group wiederum wurde 2022 schließlich die konzerninterne "Einkaufsgesellschaft" Allianz X.
"Lack-Revival" von Carlyle mit Solvd?
Seit Gründung der 100%-Allianz-Tochter Solvd Group im Jahr 2023 ist Innovation Group schließlich ein wesentlicher Teil der Solvd Group – und Schwesterunternehmen von GT Motive sowie ControlExpert, die ebenfalls heute Töchter der Allianz SE sind und gemeinsam mit der IG die Solvd Group bilden.
Wie stark die Solvd-Group bereits jetzt aufgestellt ist, machte erst vorletzte Woche deren Managing Director und Chief Markets Officer Sebastian Lins auf der Netzwerkstatt des Bundesverbands der Partnerwerkstätten e.V. (BVdP) deutlich: Weltweit beschäftigt die Gruppe aktuell rund 3.700 Mitarbeiter und betreibt fünf Netzwerke. Alle bisherigen und künftig vermutlich noch hinzukommenden Unternehmen sollen in der Solvd gebündelt werden. Auch die gegenwärtige internationale Präsenz erläuterte Sebastian Lins. Demnach ist ControlExpert in 31 Ländern, GT Motive in 24 Ländern und Innovation Group in drei Ländern tätig.
Insider halten es nicht für unmöglich, dass es "in absehbarer Zukunft" auch zu einer Fusion oder zumindest "strategischen Partnerschaft" zwischen Carlyle (als neuem Mehrheitseigner der BASF-Lacksparte) und der Solvd-Group kommen könnte.
Integration eines "eigenen" Lackherstellers?
Selbst der direkte Kauf eines anderren am Markt tätigen Lackherstellers wird nicht als "unmöglich" erachtet, da mit der Solvd-Mutter Allianz ein Konzern mit genügend Finanzkraft parat steht, der auch einen Deal in der Größenordnung eines möglicherweise erforderlichen zweistelligen Milliardeninvests wuchten könnte.
Damit hätte am Ende die operativ im Reparatur- und Schadenmanagement tätige Solvd-Group neben u.a. dem eigenen IG-Werkstättennetz auch direkten Zugriff auf deren Belieferung mit dem inzwischen immer teurer gehandelten Lackmaterial – von einer kontrollierten Preisgestaltung noch ganz abgesehen.
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