Mit einem neuen Grundsatzprogramm will die FDP das Wahldebakel hinter sich lassen. Dabei setzen die Liberalen auf Mitgliederbefragungen. Auch eine interne Analyse soll helfen.

Den personellen Neuanfang hat die FDP nach dem Rückzug von Christian Lindner schon vollzogen - nun soll nach dem Debakel bei der Bundestagswahl auch ein inhaltlicher Neustart folgen. Helfen soll dabei eine Mitgliederbefragung. Auch politisch interessierte Nicht-Mitglieder sollen demnächst mit einbezogen werden.

Dabei will die Parteiführung herausfinden, welche politischen Sorgen und Erwartungen die Menschen haben, um daraus dann die politischen Antworten zu formulieren. Die Befragungen sind der Auftakt für die Arbeiten an einem neuen Grundsatzprogramm, mit dem die Liberalen bei der nächsten Bundestagswahl zurück in die Erfolgsspur finden wollen. Beschlossen werden soll das Programm beim Bundesparteitag im Mai kommenden Jahres.

Fragen zu Sorgen und Hoffnungen

Die Fragen, die die FDP ihren rund 70.000 Mitgliedern und den Bürgern stellt, sind relativ allgemein gefasst. Sie lauten etwa: "Welche Herausforderungen erlebst Du aktuell - in Deinem Alltag und mit Blick auf unsere Gesellschaft?" Oder: "Was macht Dir heute Hoffnung?" Und: "Was wünschst Du Dir für Deutschland im Jahr 2040?" 

Auch das klassische FDP-Thema Freiheit wird abgefragt: "Was bedeutet Freiheit für Dich - welche Werte und Prinzipien sind Dir dabei wichtig?" Die Mitglieder können sich per FDP-App an der Befragung beteiligen, die Bürger später über die FDP-Homepage. 

"In Zeiten des Wandels wollen wir Freie Demokraten auch Politik neu denken - offener, digitaler und näher am Alltag der Menschen", sagte Generalsekretärin Nicole Büttner der Nachrichtenagentur dpa. Die Menschen müssten wieder das Gefühl haben, "dass Politik sie ernst nimmt und konkrete Lösungen für ihre alltäglichen Herausforderungen findet". 

FDP mit 4,3 Prozent aus dem Bundestag geflogen

Bei der Bundestagswahl im Februar scheiterte die FDP mit 4,3 Prozent der Zweitstimmen deutlich an der Fünf-Prozent-Hürde und sitzt seitdem nicht mehr im Parlament. Es war ihr historisch schlechtestes Ergebnis bei einer Bundestagswahl. Bei einem Bundesparteitag im Mai trat der frühere Fraktionsvorsitzende Christian Dürr die Nachfolge von Christian Lindner als Parteivorsitzender an. Büttner wurde zur neuen Generalsekretärin gewählt. 

Parteiinterne Aufarbeitung

Der Absturz bei der Bundestagswahl wurde auch parteiintern aufgearbeitet. In einer 48-seitigen Fehleranalyse, die dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt, heißt es, der Partei sei es nicht gelungen, ausreichend Menschen von ihrer Problemlösungskompetenz zu überzeugen. FDP-Politiker seien als unnahbar und bürgerfern wahrgenommen worden. Unter der Überschrift "Lessons Learned" heißt es: "Unsere Politiker wurden als abgehoben und entrückt, unnahbar und bürgerfern wahrgenommen."

Die FDP habe zudem ihre Kernwählerschaft in den vergangenen zehn Jahren nicht vergrößern können. Parteichef Dürr sagte der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, die FDP sei sich nach dem erfolgreichen Abschneiden bei den Wahlen 2017 und 2021 nicht ausreichend darüber bewusst gewesen, dass es sich in weiten Teilen nicht um dieselben Wählergruppen gehandelt habe. Eine langfristige Wählerbindung sei der FDP nicht gelungen: Beide Male wählten mehr als fünf Millionen Menschen die FDP, aber nur zwei Millionen wählten sie bei beiden Wahlen. 

Einige Landtagswahlen im kommenden Jahr

Für die ersten beiden großen Bewährungsproben im kommenden Jahr wird das neue Wahlprogramm zu spät kommen. Am 8. März wird in Baden-Württemberg - das die FDP als ihr Stammland ansieht - der Landtag neu gewählt, am 22. März dann in Rheinland-Pfalz. Dort sitzt die FDP noch in der Landesregierung. Misserfolge bei diesen beiden Landtagswahlen würden auch die bundesweite Regeneration der Liberalen erschweren.

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