Auch Deutschland wird sich an der Absicherung eines Friedens in der Ukraine beteiligen müssen. In Berlin wird bereits über deutsche Soldaten diskutiert. Aber könnte das die Bundeswehr überhaupt leisten?
Sicherheitsgarantien, um die Ukraine in Zukunft vor weiteren russischen Übergriffen zu schützen: Sie waren das zentrale Thema des denkwürdigen Treffens im Weißen Haus. Es war gerade zu Ende, als Bundeskanzler Friedrich Merz den Moment nutzte, anzudeuten, was da auf Deutschland zukommt.
"Es geht um die politische Ordnung Europas - und dass wir als Bundesrepublik Deutschland daran großes Interesse und eine hohe Verantwortung haben. Uns daran zu beteiligen, ist für mich klar."
Masala: Deutschland muss mitmachen
Doch wie sieht die Beteiligung aus? Geht es um politische Versprechen? Mehr Geld und Waffen für das angegriffene Land? Oder am Ende auch um deutsche Soldaten in der Ukraine? Da bleibt der Kanzler zurückhaltend, er schließt es aber auch nicht aus: "Das werde ich natürlich mit der Koalition in Berlin zu besprechen haben - bis hin zu der Frage, ob wir hier möglicherweise mandatspflichtige Beschlüsse zu fassen haben."
Mandatspflichtige Beschlüsse - heißt: Der Bundestag wäre vielleicht gefragt, um eine Entsendung deutscher Soldaten zu beschließen. So weit ist es zwar noch lange nicht.
Für den Sicherheitsexperten Carlo Masala steht allerdings fest, dass Deutschland im Fall der Fälle bei einer Ukraine-Truppe zur Friedenssicherung mitmachen müsste: "Man kann sich nicht damit rühmen, dass man der wichtigste Unterstützer der Ukraine ist, um dann in dieser entscheidenden Frage zu sagen: 'Aber daran werden wir uns nicht aktiv in der Ukraine beteiligen." Das wäre aus Masalas Sicht ein Widerspruch, den man weder der Ukraine noch dem Rest der Welt erklären könne.
Wo sollen Zehntausende Soldaten herkommen?
Aus anderen Konflikten lässt sich ableiten, dass wohl Zehntausende ausländische Soldaten nötig wären, um die Ukraine mit einer robusten internationalen Friedenstruppe zu schützen. Die Bundeswehr kann das nicht mal eben leisten.
Und auch bei anderen Ländern sieht Sicherheitsexperte Masala Probleme. "Auch die Briten können nicht ganz einfach mal so 10.000 Leute in die Ukraine schicken, ohne irgendwo anders ihre Verpflichtungen zu reduzieren." Das gleiche gelte auch für die Franzosen. "Hier wäre es eine Aufgabe der Europäer im Rahmen der NATO zu diskutieren, wie Prioritäten verschoben werden müssten, damit man die entsprechenden Truppenteile freisetzen und sie in die Ukraine schicken kann."
Opposition strikt gegen deutsche Truppen in der Ukraine
Die militärische Logistik wäre also kompliziert. Richtig heftig dürfte dazu die innenpolitische Debatte werden. AfD-Chefin Alice Weidel warnt bereits davor, deutsche Soldaten wieder an fremde Fronten zu schicken. Das sei eine "verantwortungslose Kraftmeierei", schrieb sie auf X.
Und auch Linken-Chef Jan van Aken warnt davor, Soldaten aus NATO-Ländern in die Ukraine zu entsenden: "Ich finde, dass die Debatte um die Sicherheitsgarantien in eine völlig falsche Richtung läuft und die macht mir richtig Sorgen."
Kretschmer gegen deutsche Truppen
Doch aus der eigenen Union droht dem Kanzler Widerstand. CDU-Vize Michael Kretschmer lehnte deutsche Bodentruppen in der Ukraine strikt ab. "Dass deutsche Soldaten in der Ukraine kämpfen, darf kein Thema sein", sagte Sachsens Regierungschef dem Spiegel.
SPD will noch abwarten
Für die Grünen ist klar, dass möglichst schnell im Bundestag über das ganze Thema diskutiert werden sollte. Sie haben deshalb eine Sondersitzung des Verteidigungsausschusses und des Auswärtigen Ausschusses beantragt.
Die mitregierende SPD ist zurückhaltend. Fraktionschef Matthias Miersch will eine Diskussion über Bodentruppen in der Ukraine jetzt nicht führen. "Das ist alles Kaffeesatzleserei und Stochern im Nebel. Wichtig ist jetzt, dass wir erstmal die Verhandlungen abwarten und dann sehen, unter welchen Bedingungen gibt es zum Beispiel eine internationale Staatengemeinschaft, die die Ukraine auch vor Ort unterstützt.
Doch wann soll die Debatte über Sicherheitsgarantien geführt werden - wenn nicht jetzt? Es dürfte nur eine Sache von Tagen oder Wochen sein, in denen sich Deutschland positionieren muss.
Markus Sambale, ARD Berlin, tagesschau, 20.08.2025 06:23 UhrHaftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt beim ursprünglichen Autor. Die erneute Veröffentlichung dieses Artikels dient ausschließlich der Informationsverbreitung und stellt keine Anlageberatung dar. Bei Verstößen kontaktieren Sie uns bitte umgehend. Wir werden bei Bedarf Korrekturen oder Löschungen vornehmen. Vielen Dank.