Der Bundestag hat heute drei Kandidatinnen und Kandidaten - zwei von der SPD, einen von der Union - für Richterstellen beim Bundesverfassungsgericht gewählt. Die Neuen in Karlsruhe in Kurzporträts.
Der Bundestag hat drei neue Richter für das Bundesverfassungsgericht gewählt. In der geheimen Abstimmung wurde die nötige Zweidrittel-Mehrheit erreicht.
Noch im Juli war die Wahl von zwei Kandidatinnen der SPD und einem Kandidaten der Union für das Bundesverfassungsgericht geplatzt, weil der Widerstand aus der CDU und CSU gegen die Potsdamer Staatsrechtlerin Frauke Brosius-Gersdorf zu groß geworden war - unter anderem wegen deren Haltung zu Schwangerschaftsabbrüchen.
Brosius-Gersdorf zog ihre Kandidatur im August zurück, an ihrer Stelle trat die Verwaltungsrichterin Sigrid Emmenegger an. Die jetzt gewählten neuen Richter in Kurzporträts:
Sigrid Emmenegger

Die bisherige Verwaltungsrichterin Emmenegger arbeitet künftig im Zweiten Senat des Gerichts.
Die am 4. Oktober 1976 in Freiburg geborene Emmenegger absolvierte ihr Jura-Studium in Freiburg und im schwedischen Uppsala. In Freiburg promovierte sie mit einer Schrift über die "Gesetzgebungskunst" im deutschen Kaiserreich um 1900.
Ihre richterliche Laufbahn begann im Februar 2007, als Emmenegger Richterin am Verwaltungsgericht Koblenz wurde. Es folgten weitere Stationen bei den Verwaltungsgerichten Mainz und Neustadt an der Weinstraße. Beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe machte sie dann 2013 Station - damals als wissenschaftliche Mitarbeiterin. 2014 wurde Emmenegger Richterin beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz, wo sie bis Juli 2019 war. Danach wechselte sie in der gleichen Stadt zum Verwaltungsgericht.
Seit Januar 2021 ist Emmenegger Richterin am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Dort beschäftigt sie sich unter anderem mit dem Bau- und Bodenrecht, dem Denkmalschutzrecht und dem Natur- und Landschaftsschutzrecht.
Die 48-Jährige hat sich bisher öffentlich kaum zu wichtigen Rechtsfragen geäußert. In Karlsruhe folgt sie im Zweiten Senat auf Doris König, die bisherige Vizepräsidentin des Gerichts.
Ann-Katrin Kaufhold

Juraprofessorin Kaufhold wird ihr neues Amt auch im Zweiten Senat ausüben.
Kaufhold war als weitere SPD-Kandidatin ins Rennen gegangen und wurde schon im Juli im Wahlausschuss nominiert. Sie blickt auf eine erfolgreiche Karriere in der Wissenschaft zurück. 1976 geboren, legte sie im Jahr 2001 in Freiburg ihr erstes juristisches Staatsexamen ab. Das zweite folgte 2006 in Berlin.
Nach Stationen unter anderem als Referentin im Bundesjustizministerium wurde sie 2016 Professorin für Staats- und Verwaltungsrecht an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Seit 2017 hat sie den Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht inne.
Während ihre Kandidatur im Juli vor dem Hintergrund der Debatte um Brosius-Gersdorf kaum auf Kritik stieß, gibt es nun in der Union vereinzelt Stimmen, die sich an ihrer Rolle im Zusammenhang mit Enteignungen stoßen. Kaufhold war Mitglied einer Kommission, die sich im Auftrag des Berliner Senats mit der "Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen" beschäftigte. Aus dieser Funktion leiten Kritiker den Vorwurf ab, Kaufhold sei eine Befürworterin von Enteignungen. Wie schon Brosius-Gersdorf geriet Kaufhold auch ins Visier der AfD.
Am Bundesverfassungsgericht geht Kaufhold als Nachfolgerin von Ulrich Maidowski in den Zweiten Senat. Dieser befasst sich unter anderem mit Fragen, die das Parlament oder die Parteien betreffen. Kaufhold ist für den Posten der neuen Vizepräsidentin des Gerichts vorgeschlagen. Am Freitag steht die Wahl im Bundesrat an.
Günter Spinner

Vom Arbeitsgericht zum Verfassungsgericht: Spinner wird Mitglied des Ersten Senats.
Der 53-jährige Günter Spinner ist bereits seit Jahren als Richter tätig. In jedem Senat des Bundesverfassungsgerichts müssen drei Mitglieder zuvor an einem Bundesgericht gearbeitet haben. Im Fall von Spinner ist es das Bundesarbeitsgericht in Erfurt. Dort ist der 1972 in Oppenau geborene Jurist seit Juni 2011 Richter, seit September 2023 sitzt er dem achten Senat vor, der sich vor allem mit Schadenersatz und Entschädigung befasst.
Spinner legte 1999 in Stuttgart sein zweites Staatsexamen ab und trat schon kurz darauf in den baden-württembergischen Justizdienst ein, wo er an verschiedenen Arbeitsgerichten tätig war. Die Union schlug ihn als Verfassungsrichter vor, nachdem ihn zuvor bereits das Bundesverfassungsgericht selbst vorgeschlagen hatte.
Wie Emmenegger und Kaufhold benötigte Spinner zur Wahl im Plenum zwei Drittel der abgegebenen Stimmen. Nun kehrt Spinner zurück in sein Heimatbundesland. In Karlsruhe wird er Mitglied des Ersten Senats, der zum Beispiel über die meisten Verfassungsbeschwerden von Bürgerinnen und Bürgern entscheidet, und dort auf Josef Christ folgen.
Quelle: AFP
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