Heute erhöhen einige gesetzliche Krankenkassen ihre Beiträge. Gesundheitsministerin Warken möchte verhindern, dass es im kommenden Jahr so weitergeht. Doch wie kann die Politik den Anstieg aufhalten?
Gesundheitsministerin Nina Warken hat eine große Baustelle von ihren Vorgängern geerbt: Den gesetzlichen Krankenkassen fehlt Geld. Aus Sicht der CDU-Ministerin sind die Gründe dafür vielfältig. Höhere Löhne, stark steigende Kosten, der medizinische Fortschritt und die demografische Entwicklung hätten maßgeblich zu den Finanzproblemen beigetragen.
Wie prekär die Lage der gesetzlichen Krankenkassen ist, spüren auch die Versicherten immer deutlicher. Zum Jahreswechsel hatten viele Post von ihrer Kasse bekommen mit der Botschaft, dass die Zusatzbeiträge ordentlich steigen.
Für einige Krankenkassen reicht das allerdings nicht. Acht Kassen, vor allem kleinere Betriebskrankenkassen, hatten im April und Mai die Beiträge erhöht. Weitere folgen heute. Das ist ungewöhnlich und in der Vergangenheit eher selten passiert. Grundsätzlich sollten die Kassen ohne eine Beitragserhöhung über das Jahr hinweg auskommen.
Zuschuss von zehn Milliarden Euro pro Jahr?
"Wenn die Politik nicht schnell handelt, müssen wir davon ausgehen, dass in diesem Jahr weitere Krankenkassen folgen und die Beiträge erhöhen", glaubt Florian Lanz vom Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV).
Die schwarz-rote Regierung hat sich vorgenommen gegenzusteuern. Im ersten Schritt soll zusätzliches Steuergeld dabei helfen, die immer weiter steigenden Beiträge zu stoppen. Das wird das grundlegende Problem nicht lösen, soll aber steigende Beiträge abfedern.
Warken hatte einen Zuschuss von zehn Milliarden Euro pro Jahr gefordert, sich damit aber nicht durchgesetzt. Finanzminister Klingbeil hat bisher deutlich weniger Geld eingeplant und dieses nicht als Zuschuss, sondern als Darlehen.
"Die Haushaltsverhandlungen sind noch nicht abgeschlossen und mein Ziel ist es, schon noch mehr Geld zu bekommen", sagt Warken nun im ARD-Morgenmagazin. Es brauche mehr Unterstützung für die beiden Kassensysteme, damit es "keine Beitragssteigerung gibt im nächsten Jahr". Das sei wichtig für den Wirtschaftsstandort Deutschland.
"Es soll mehr Geld aus dem Haushalt geben", Nina Warken, CDU, Gesundheitsministerin, zur Erhöhung von Zusatzbeiträgen der Krankenkassen
Morgenmagazin, 01.07.2025 05:30 UhrGKV-Spitzenverband fordert Ausgabenmoratorium
Für den GKV-Spitzenverband ist das keine Lösung. Zum einen sei die von Klingbeil eingeplante Summe von 2,3 Milliarden Euro pro Jahr zu gering, zum anderen werde damit das Problem nur in die Zukunft verlagert. Florian Lanz sieht darin "eine Gesundheitsversorgung auf Pump". Das sei auf keinen Fall der richtige Weg für ein stabiles Gesundheitswesen.
Stattdessen fordert die GKV ein Ausgabenmoratorium, um die Finanzen kurzfristig zu stabilisieren. Das bedeutet, die Ausgaben dürften dann nur im gleichen Umfang steigen wie die Einnahmen. Versicherte hätten dadurch erstmal keine Leistungskürzungen zu befürchten, versichert die GKV. Es stünde aber weniger Geld etwa für Honorarerhöhungen der Ärzteschaft oder höhere Preise für Medikamente zur Verfügung.
Die Bundesregierung hat bislang keine Pläne, ein solches Moratorium umzusetzen, sondern will zunächst auf das Darlehen aus Steuermitteln setzen. Für die Gesundheitsministerin ist das eine Übergangsfinanzierung. Sie baue eine Brücke, bis nachhaltige Finanzierungsmodelle und Strukturreformen greifen können. Eine umfassende Reform der Krankenkassenfinanzierung hat sich die Regierung in einem zweiten Schritt vorgenommen.
Lösung für das Gesundheitssystem gesucht
Es gibt nur drei Möglichkeiten, um die Finanzen dauerhaft zu stabilisieren: Mehr Geld einnehmen, weniger Geld ausgeben oder das Geld anders verteilen. In ihrem Koalitionsvertrag haben Union und SPD vereinbart, eine Kommission einzusetzen, die bis zum Frühjahr 2027 Ergebnisse vorlegt.
Die Gesundheitsministerin will nicht so lange warten. "Wir brauchen schon deutlich früher Ergebnisse", fordert Warken. Denn bis aus den Vorschlägen tatsächlich Gesetze werden und diese Wirkung entfalten, dürften weitere Jahre vergehen. Wenn überhaupt.
Gesucht wird also eine Lösung, wie das deutsche Gesundheitssystem, eines der teuersten der Welt, auch in Zukunft noch finanzierbar bleiben kann. Geht es am Ende nicht ohne Leistungen zu streichen, die bisher von den Kassen übernommen werden? Finanzminister Klingbeil hat weder kurz- noch langfristig Milliarden Euro in seinem Haushalt übrig, um den Krankenkassen stärker unter die Arme zu greifen.
Leistungskürzungen seien "nicht das, was mir einfällt, wenn ich über Kommissionen rede, die Reformen voranbringen sollen", meint Klingbeil. Stattdessen gebe es viele Dinge, wo das Gesundheitssystem effizienter werden muss. Wenn der Regierung und ihrer Kommission keine Lösungen einfallen, dann werden die Beiträge immer weiter steigen - und Versicherte sowie Arbeitgeber zunehmend belasten.
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