Die Aufarbeitung der Corona-Pandemie durch eine Enquete-Kommission ist beschlossen. Der Bundestag votierte mehrheitlich für das Gremium, das auf die Pandemie zurückblicken und Lehren für die Zukunft ziehen soll.

Anfang Mai 2023 hatte die Weltgesundheitsorganisation den internationalen Gesundheitsnotstand wegen der Corona-Pandemie aufgehoben. Nun - mehr als zwei Jahre später - hat der Bundestag beschlossen, dass eine sogenannte Enquete-Kommission den Umgang mit der Pandemie in Deutschland aufarbeiten soll. Einem entsprechenden Antrag der schwarz-roten Regierungskoalition stimmte eine breite Mehrheit der Abgeordneten zu.

Neben den Stimmen von Union und SPD sprachen sich auch die Fraktionen der Grünen und der Linkspartei für die Einsetzung der Enquete-Kommission aus. Gegenstimmen und überwiegend Enthaltungen kamen vonseiten der AfD. Sie fordert einen Untersuchungsausschuss für eine "schonungslose" Corona-Aufarbeitung statt eines "Kommissiönchens", wie es der AfD-Abgeordnete Stephan Brandner ausdrückte.

14 Abgeordnete, 14 Sachverständige

Bestehen soll das Gremium aus 14 Abgeordneten des Bundestags und ebenso vielen Sachverständigen. Im September soll die Kommission ihre Arbeit aufnahmen und bis Ende Juni 2027 einen Bericht über ihre Arbeit mitsamt Empfehlungen für den Umgang mit möglichen "künftigen pandemischen Ereignissen" vorlegen. Ziel sei ein transparentes, faktenbasiertes Gesamtbild der Pandemie, ihrer Ursachen, Verläufe und Folgen einerseits sowie der staatlichen Maßnahmen andererseits. Auf Wunsch der Grünen sollen auch soziale Folgen in den Blick genommen werden.

Geplant ist, dass die Unionsfraktion fünf Mitglieder in der Kommission stellt. Die CDU-Abgeordnete Franziska Hoppermann ist als Vorsitzende des Gremiums nominiert. Aus der SPD und der AfD sollen jeweils drei Abgeordnete der Kommission angehören, von den Grünen sollen zwei Mitglieder kommen und aus den Reihen der Linkspartei ein Mitglied. Die Sachverständigen sollen im Einvernehmen der Fraktionen benannt werden.

Was ist eine Enquete-Kommission? Die Bezeichnung Enquete-Kommission bezieht sich auf das französische "enquête", das mit Untersuchung, Erhebung oder auch Befragung übersetzt werden kann.

Die Kommissionen bereiten Entscheidungen zu umfangreichen und bedeutenden Themen vor, wie es auf der Internetseite des Bundestags definiert wird. Auf Antrag eines Viertels aller Abgeordneten ist der Bundestag verpflichtet, eine Enquete-Kommission einzusetzen. Die Mitglieder der Enquetekommission werden im Einvernehmen der Bundestagsfraktionen benannt.

Enquete-Kommissionen bestehen aus Abgeordneten und Sachverständigen aus Wissenschaft und Praxis. Sie legen dem Bundestag am Ende ihrer Arbeit Abschlussberichte vor, in denen die Arbeitsergebnisse in der Regel in Empfehlungen für die Gesetzgebung festgehalten sind.

Von Schutzmaßnahmen bis hin zu rechtlichen Fragen

Die Kommission soll in ihrer Arbeit verschiedene Aspekte der Pandemie unter die Lupe nehmen: Wege zur Früherkennung einer drohenden Pandemie etwa, das Krisenmanagement von Bund und Ländern während der Corona-Pandemie, ebenso wie rechtliche Fragestellung zu den getroffenen Maßnahmen. Auch die Auswirkungen der Maßnahmen auf verschiedene Gesellschafts- und Altersgruppen soll das Gremium in den Blick nehmen sowie Möglichkeiten zur Beschaffung von Schutzausrüstung wie Masken oder Impfstoff.

Um all diese Punkte zu untersuchen soll die Kommission öffentliche Anhörungen von Experten, Interessenvertretern und Betroffenen abhalten und Gutachten einholen können. Ebenso seien "altersgerechte Befragung" von Kindern und Jugendlichen eine Option. Die Ergebnisse der Kommission sollen der Öffentlichkeit in "geeigneter Form" zugänglich gemacht werden. Wie konkret, steht noch nicht fest.

Umfassende Aufklärung "unerlässlich"

Ziel der Kommission sei eine ehrliche Analyse der Corona-Zeit, sagt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union, Albert Stegemann. Im Gegensatz zu parteipolitischen Schuldzuweisungen ermögliche es die konstruktive Auseinandersetzung, Vertrauen in staatliches Handeln zu stärken.  Auch CDU-Politiker Hendrik Hoppenstedt sieht in der Enquete-Kommission "den richtigen Weg für die Aufarbeitung" der Pandemie. Ihr Auftrag sei es vor allem, "nach vorn zu schauen und Lehren für zukünftige Pandemien" zu ziehen. Das Gremium sei auch eine Chance für Dialog und dafür, Gräben in der Gesellschaft zu überwinden.

Auch im gemeinsamen Antrag von Union und SPD auf Einsetzung der Kommission wurde eine wissenschaftlich fundierte Aufarbeitung dieser Zeit und der damaligen Entscheidungen von Staat und Gesellschaft als "unerlässlich" bezeichnet. Denn die Pandemie habe Bürgerinnen und Bürger, Zivilgesellschaft und Kunst und Kultur ebenso wie Staat und Wirtschaft mit "Herausforderungen von historischer Tragweite konfrontiert" und "tiefgreifende Auswirkungen" gehabt.

Bereits die im vergangenen November zerbrochene Ampelkoalition hatte sich die Aufarbeitung der Pandemie zum Ziel gesetzt, sich aber nicht auf den richtigen Weg dafür einigen können. Während die FDP für eine Enquete-Kommission geworben hatte, hatte die SPD unter dem damaligen Kanzler Olaf Scholz auch einen Bürgerrat als Option erwogen.

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