Alle zwei Jahre erscheint ein neuer "Asterix"-Band. Nach dem Erfolg von "Die weiße Iris" geht es diesmal ins heutige Portugal, wo es Asterix und Obelix mit einem korrupten Präfekten, Kabeljau und einer stinkenden Fischsoße zu tun bekommen. Autor Fabcaro erzählt im Interview mit ntv.de, dass er das Schreiben solcher Reiseabenteuer eigentlich einfacher findet und warum er sich dabei auf die Klassiker der Reihe von René Goscinny und Albert Uderzo bezieht. Zusammen mit Zeichner Didier Conrad spricht er zudem über die Entstehung des Albums, Kapitalismuskritik und was sie bei der Arbeit an "Asterix" gelernt haben.

ntv.de: In der Musik heißt es, nach einem erfolgreichen Debüt sei das zweite Album das schwerste. Gilt das auch für Ihren zweiten "Asterix"-Band, Fabcaro?

Fabcaro: Eigentlich stimmt das Gegenteil. Das zweite Album war sogar einfacher als das erste. Damals gab es mehr Stress und mehr Druck von außen. Alle haben sich gefragt, ob ich den Erwartungen gerecht werden kann. Weil das Album erfolgreich war, lief es diesmal weniger stressig. Außerdem finde ich es einfacher, ein Reisealbum zu machen. Man kann viele Dinge einbringen, die sich allein aus dem Handlungsort ergeben.

Ist ein Reiseabenteuer auch für den Zeichner leichter, weil es mehr Abwechslung gibt und man nicht immer dasselbe Dorf zeichnen muss?

Didier Conrad: Das stimmt. Bei einem Abenteuer, das wirklich nur im Dorf spielt, kann man nicht viel Neues erfinden, abgesehen von ein, zwei Personen, die von außen hinzukommen. Sonst ist alles dasselbe. Aber schon "Die weiße Iris" hat teilweise in Lutetia gespielt und ich musste dafür viel Neues erfinden. Das war auch schon interessant.

Wie viel Zeichen-Routine haben Sie nach sieben Alben entwickelt?

Conrad: Es gibt eine gewisse Sicherheit, weil ich mittlerweile so richtig in das Universum von Asterix eingetaucht bin. Routine gibt es aber nicht, weil immer etwas Neues hinzukommt. Außerdem bin ich mir bewusst, dass jemand anderes das Zeichnen übernehmen würde, wenn ich eine Pause einlegen würde. Das ist ganz anders als bei einer eigenen Serie. Deswegen ist auch immer der Druck da, der Reihe treu zu bleiben. Schließlich würde ich diesen Job gern weitermachen.

Der Einstieg in "Asterix in Lusitanien" ist sehr klassisch: Ein alter Freund oder Bekannter kommt ins gallische Dorf und bittet um Hilfe. Das erinnert an "Asterix und Kleopatra" oder "Asterix bei den Briten". Fabcaro, wie wichtig war es Ihnen, diesen Anknüpfungspunkt an die klassischen Alben zu haben?

Fabcaro: Ich mag diesen klassischen Anfang und habe das bewusst so gestaltet. Es ist eine bekannte Basis, von der aus ich etwas Neues erfinden kann. Bei "Asterix und der Greif", dem Reiseabenteuer davor, war das anders, da wurden die Leser von Anfang an in eine ungewohnte Situation versetzt. Ich habe mich dagegen für einen bekannten Beginn entschieden, damit man sofort in die Geschichte hineingezogen wird.

Der neue Band hat ein anderes Tempo als "Die weiße Iris". Dieser Gegensatz hat mich an den temporeichen Band "Asterix, der Legionär" erinnert, während der Nachfolger "Asterix und der Avernerschild" ruhiger erzählt ist. Warum haben Sie sich entschieden, das Tempo zugunsten der Geschichte zurückzuschrauben?

Fabcaro: "Die weiße Iris" ist eher statisch erzählt, mit verschiedenen Situationen, die aufeinander folgen. Das neue Album dagegen ist eine Kriminalgeschichte. Asterix und Obelix verfolgen eine Spur, gehen von einem Indiz oder Hinweis zum nächsten. Auch "Asterix und der Avernerschild" funktioniert so. So hatte ich einen roten Faden, an dem entlang man sich durch die gesamte Geschichte bewegt. Diese Erzählweise ist bewusst gewählt.

Und man erlebt verschiedene Stationen in Portugal.

Fabcaro: Ja, das ist ein guter Anlass, Portugal zu erforschen. Asterix und Obelix kommen in einem kleinen Dorf an, müssen dann in eine große Stadt und innerhalb der Stadt von einem Restaurant zum anderen und so weiter. Auf diese Art kann man das Land zeigen.

Herr Conrad, Sie haben zunächst fünf Alben mit dem Autor Jean-Yves Ferri gemacht, nun zum zweiten Mal mit Fabcaro zusammengearbeitet. Haben beide unterschiedliche Arbeitsweisen?

Conrad: Das ist sehr unterschiedlich. Es sind zwei verschiedene Persönlichkeiten und sie haben auch ihre eigene Art zu arbeiten, ihre eigene Motivation und unterschiedliche Herangehensweisen. Aber man kann nicht sagen, dass einer besser wäre als der andere.

Interessant an "Asterix in Lusitanien" ist die durchscheinende Kritik an den Auswüchsen von Globalisierung und Kapitalismus. Müssen Sie sich bei einer Serie wie "Asterix" politisch zurückhalten?

Fabcaro: Bei Asterix wurden schon immer aktuelle Themen besprochen und ich versuche, diese Tradition aufzugreifen. Goscinny hat seine Alben für verschiedene Leseebenen geschrieben: Es gibt die Ebene, die Kinder lesen - ein schönes Abenteuer, spannend und lustig. Gesellschaftliche Themen werden auf einer Ebene angesprochen, die die Erwachsenen lesen. Das Garum hat mich auf die Idee gebracht, die Globalisierung zu thematisieren.

Garum, die fermentierte Fischsoße, mit der in der antiken römischen Küche Speisen gewürzt wurden?

Fabcaro: Ja, das wurde in Portugal für die römische Welt hergestellt. Das ist eine schöne Parallele zur heutigen Globalisierung. Ich hoffe, dass es mir wie Goscinny gelungen ist, ein Album zu machen, das Kinder mit Freude lesen können, aber das eben auch Erwachsene anspricht. Auf keinen Fall soll es ein aktivistisches Album werden. Ich beschreibe eigentlich nur eine Situation, wie wir sie auch heute kennen.

Auch der Widerstand gegen die römische Besatzung gehört schon immer zu Asterix. Bekommt das heute noch mal eine andere Qualität, angesichts all der Kriege und Krisen?

Fabcaro: Eigentlich versuche ich, mich von ganz aktuellen Themen zu lösen. Die Arbeit am aktuellen Album begann ja auch schon vor eineinhalb Jahren. Wenn man sieht, was heute in der Welt los ist, mit Donald Trump, Gaza und all den anderen Sachen, könnte man denken, das Album sei genau darauf gemünzt. Doch das ist Zufall. Tatsächlich geht es mir um allgemeingültige Themen. Auch die Figur des Viriathus habe ich schon lange im Kopf. Er hat in Lusitanien den Widerstand gegen die Römer angeführt, so wie Vercingetorix in Gallien.

Im Band spielt auch die Saudade eine Rolle, die typisch portugiesische Melancholie. War es schwierig, diese Art der Traurigkeit darzustellen, zumal sich "Asterix" auch an Kinder richtet?

Fabcaro: Das Schwierigste war eigentlich, das Thema zu finden. Bei jedem Album, das von anderen Völkern handelt, versuchen wir, ein Charakteristikum dieses Landes aufzugreifen. Das kann der Stolz der Spanier sein oder das Phlegma der Briten. Bei Portugal ist es eben die Saudade. Ich wollte diese Melancholie so darstellen, dass sie wieder lustig wird. Ich glaube, dass auch Kinder es lustig finden, wenn ein trauriges Lied die Römer besiegt, weil es ihnen sämtliche Energie entzieht. Beim Schreiben denke ich ohnehin nicht an das Publikum. Mir muss die Arbeit selbst Spaß bereiten.

Conrad: Fabcaro ist auch sehr offen für Vorschläge und Anmerkungen. Wenn ich ihm sage, ob man nicht noch dies oder das reinbringen könnte, reagiert er sehr aufgeschlossen. Eigentlich ist es eher selten bei Autoren, dass sie sich etwas sagen lassen. Zum Beispiel tendiert er dazu, Idefix zu vergessen. Ich weise ihn dann darauf hin, dass er ihn noch einarbeiten muss, weil die Kinder Idefix mögen.

Herr Conrad, machen Sie sich angesichts der Entwicklung der künstlichen Intelligenz Sorgen um das Zeichnen als Handwerkskunst?

Conrad: Nicht im Augenblick. Künstliche Intelligenz wird derzeit eher eingesetzt, um Routinen zu ersetzen, nicht für ganz spezifische Kleinigkeiten. Natürlich könnte man der künstlichen Intelligenz sagen, sie solle einen Comic generieren. Aber das Ergebnis wäre stark formelhaft. Das wäre wie bei einer Übersetzung: Man kann Text natürlich in eine andere Sprache übertragen. Aber bei Asterix wäre es dann nicht mehr lustig.

Haben Sie bei der Arbeit an "Asterix" etwas von den Galliern gelernt, was Ihnen bei alltäglichen Problemen hilft?

Fabcaro: Für mich ist das ihr Optimismus. Es gibt immer Probleme, die angegangen werden müssen. Vielleicht ist die Lage auch mal hoffnungslos. Aber es geht immer gut aus und endet mit einem Bankett.

Conrad: Heutzutage denken immer mehr Menschen nur noch an sich. Im gallischen Dorf aber leben die unterschiedlichsten Leute und jeder hat seinen Platz. Natürlich gibt es auch Konflikte, aber alle im Dorf üben eine gewisse Toleranz aus. Sie akzeptieren, dass sie unterschiedlich sind. Nur so funktioniert das Dorf.

Mit Fabcaro und Didier Conrad sprach Markus Lippold

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