Das Einhorn mit regenbogenfarbenem Horn und lila Mähne ist aus Kinderzimmern, von LGBTQ+-Demos und aus WhatsApp-Nachrichten nicht mehr wegzudenken. Der Produzent, Drehbuchautor und Regisseur Alex Scharfman hebt das Fabelwesen nun auf eine neue Stufe. Sein Spielfilmdebüt „Death of a Unicorn“ erzählt ein Vater-Tochter-Wochenende, das anders läuft als geplant. Elliot (Paul Rudd) und Ridley (Jenna Ortega) wollen eigentlich Elliots Boss Odell Leopold auf seinem Luxus-Anwesen in der kanadischen Wildnis besuchen und nebenbei ihre distanzierte Beziehung nach dem Tod von Ridleys Mutter verbessern.

Doch schon während der Anfahrt durch traumhafte Landschaften passiert ein Unfall. Angefahren hat das sympathische Duo kein Reh, sondern – um es in Ridleys teenagerhafter Direktheit zu sagen – „ein fucking Einhorn“. Während Ridley über eine Berührung des Horns Kontakt zu übersinnlichen Sphären aufnimmt, schlägt ihr Vater auf das verletzte Tier ein, um es von seinem Leid zu erlösen. Sie packen den Kadaver in den Kofferraum und tun bei der Ankunft im Hause Leopold so, als wäre nichts passiert – bis es im Kofferraum auf einmal rumpelt.

Der Plot des 104-Minüters verführt dazu, ihn bis zum Ende in ebendieser Detailliertheit nachzuerzählen. Denn mit jeder Minute wird es skurriler. Aber wir verkneifen uns die weitere Inhaltsangabe mit Verweis auf das Produktionsstudio, das diese Horrorkomödie zu verantworten hat: Die erst 2012 gegründete Firma A24 ist bekannt für gewagte Genre-Experimente wie den mehrfachen Oscar-Preisträger „Everything Everywhere All At Once“ und das ebenfalls ins Horror-Komödien-Fach fallende Hybrid „Bodies Bodies Bodies“.

Auch wenn einem also der Regisseur kein Begriff ist, lässt schon der Name des Produktionsstudios erahnen, dass es mit der Krebsheilung, die das Blut des getöteten Einhorns bewirkt, nicht getan ist. Weil niemand auf Ridleys Warnungen hört, die Tiere lieber in Ruhe zu lassen, mutieren diese nämlich bald zu brutalen Killern, die nicht davor zurückschrecken, Menschen mit ihren Hörnern mitten durchs Herz zu stoßen und mit ihren Reißzähnen in der Luft zu zerfetzen. Das actionreiche High-Concept-Überlebensabenteuer begleitet die mit reizenden Macken ausgestatteten Charaktere dabei, wie sie sich durch die Felder der Wissenschaft, Ökonomie und Fabelgeschichte kämpfen.

Mischung aus „Jurassic Park“ und „E.T.“

In „Death of a Unicorn“ trifft „Jurassic Park“ auf „E.T.“, „Der weiße Hai“ und „Harry Potter“ – ohne es aber je ganz mit den legendären Vorbildern aufnehmen zu können. Dafür fehlt dann vielleicht doch die Tiefe und die Fähigkeit, die wirklich großen Gefühle hervorzurufen oder systematische Zusammenhänge herzustellen. Der Versuch, eine Botschaft über Solidarität, Trauer und Raubtierkapitalismus an den Mann zu bringen, gelingt nur in etwa so gut wie das Bemühen der Figuren, die Einhörner mit sanften Worten zu zähmen.

An den Schauspielern liegt’s nicht: Richard Grant als geschwächtem Familienoberhaupt, Téa Leonie als wohlstandsweiser Mutter und Will Poulter als privilegiertem Sprößling schaut man genauso gerne zu wie dem allergiegeplagten Vater Elliot und den animierten Monstern. Nur Jenna Ortega, die ja inzwischen ihr Talent, in die Rolle des Emo-Teenagers zu schlüpfen („Wednesday“, „Miller’s Girl“) schon weiß Gott zur Genüge unter Beweis gestellt hat, gönnt Scharfman leider keinerlei Entwicklung oder aufopfernde Heldentat. Ihr Handlungsrepertoire beschränkt sich auf das streberhafte Zitieren mittelalterlicher Fabeln oder dräuend ausgesprochener Prophezeiungen.

Die größten Lacher gehören auf jeden Fall den Leopolds. „Ich denke, ich sollte in solch einem Moment keine Badehose tragen“, sagt etwa Sohn Shepard, als er auf das tote Einhorn blickt. Wer sich fragt, ob „Death of a Unicorn“ eher ein Film ist, in dem man Jogginghose trägt oder einer für ein schwarzes Abendkleid, der liegt mit beiden Outfits richtig. Einen „Barbie“-ähnlichen Verkleidungs-Hype, der die Kinosäle in Regenbogenfarben taucht, wird es aber wohl eher nicht geben.

Der Film „Death of a Unicorn“ läuft ab dem 1. Mai im Kino.

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