Bundesanleihen mit 30 Jahren Laufzeit rentieren aktuell so hoch wie zuletzt 2011. Ein unmissverständliches Signal, dass das Vertrauen in die deutsche Finanzpolitik leidet.
Je länger ein Kredit läuft, desto höher das Risiko für den Gläubiger, dass während der Laufzeit etwas schief geht. Genauso ist dies bei Anleihen, die der Bund an Anleger verkauft. Diese gibt es mit Laufzeiten von bis zu 30 Jahren. Bei den 30-jährigen Anleihen muss der Bund die Käufer für das höhere Risiko mit höheren Zinsen entschädigen. Außerdem reagieren deren Kurse empfindlicher auf mögliche Gefahren als die Kurse kürzer laufender Papiere.
Wenn Anleihekurse fallen, erhöht sich für die Käufer die Rendite, wenn der Anleihezins fest ist. Die Rendite ist also ein Spiegelbild der Kurse und damit auch ein Risikoindikator. Sinkt das Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit des Schuldners, steigt die Rendite.
Genau dies geschieht gerade bei der Rendite der 30-jährigen Bundesanleihen. Mit 3,41 Prozent erreichte sie heute den höchsten Stand seit 14 Jahren - obwohl das geldpolitische Zinsumfeld weiterhin eher nach unten weist.
Fiskalpaket lastet auf dem Markt
Experten führen die Entwicklung auch auf die Politik der schwarz-roten Koalition zurück: "Die Schuldenbremse ist weitgehend aufgeweicht, und die Bundesregierung will viel höhere Schulden machen", sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Entsprechend gingen die Investoren davon aus, dass der Bund in Zukunft deutlich mehr langlaufende Anleihen ausgeben wird. "Die Anleger fordern vor allem deshalb höhere Renditen", sagte Krämer.
Hinzu komme, dass sich die meisten westlichen Staaten ebenfalls deutlich höher verschulden und auch dort die Renditen steigen. "Wenn Anleger in anderen Ländern höhere Renditen bekommen, fordern sie auch für Bundesanleihen eine höhere Verzinsung", so Krämer.
Im internationalen Vergleich noch moderat
Dabei bleibt die deutsche Rendite im Vergleich mit den anderen großen Industrienationen (G7) niedrig. 30-jährige britische Staatsanleihen rentieren mit 5,68 Prozent so hoch wie zuletzt im Mai 1998. Die britischen Kreditkosten sind damit die höchsten unter den G7-Staaten. Darin spiegeln sich Sorgen angesichts der Inflationsentwicklung in Großbritannien wider, die ebenfalls die höchste in den G7 ist.
Deutschland genießt auch bei den großen Ratingagenturen weiterhin hohes Ansehen. Sie bewerten die Bonität Deutschlands jeweils mit der Bestnote AAA. Das signalisiert Anlegern ein extrem geringes Ausfallrisiko, wenn sie dem deutschen Staat Geld leihen.
ifo-Institut erwartet Verdopplung der Zinslast
Gleichwohl sendet der Anleihemarkt ein eindeutiges Signal, dass unbekümmertes Schuldenmachen einen hohen Preis hat. Zum einen verteuern höhere Renditen den Schuldendienst, weil der Staat bei neu ausgegebenen Anleihen entsprechend mehr Zinsen bieten muss.
Vor allem aber erhöhen steigende Schuldenberge die gesamten Finanzierungskosten. Erst am Montag mahnte das Münchener ifo-Institut, dass die Zinslast im Bundeshaushalt in den kommenden Jahren kräftig steigen wird, sollten Reformen bei den Staatsausgaben verschleppt werden. So könnten bis 2040 rund 13 Prozent des deutschen Haushalts in Zinszahlungen fließen. Aktuell liege diese Zinsquote bei rund sechs Prozent.
"Klar ist, dass bei höherer Zinslast weniger Geld für andere Aufgaben übrig bleibt, was den Reformdruck erhöht", sagte ifo-Präsident Clemens Fuest. Die Wirtschaftsforscher haben bei ihrem Berechnungen unterstellt, dass die deutsche Wirtschaft bis 2040 jedes Jahr nominal um drei Prozent wächst und der Zinssatz 2,5 Prozent beträgt.
Würde dieser bei drei Prozent liegen, so würde die Zinsquote bis 2040 sogar auf mehr als 16 Prozent steigen. "Das zeigt, wie wichtig es ist, das noch immer hohe Vertrauen der Investoren an den Kapitalmärkten in die Solidität der deutschen Finanzpolitik nicht zu verspielen", sagte Fuest.
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