Grüne und Aktivisten mobilisieren in der „Stadtbild“-Debatte gegen Bundeskanzler Friedrich Merz – inzwischen auch juristisch. Ein Grünen-Vertreter in Castrop-Rauxel zeigte den CDU-Chef wegen des Verdachts der Volksverhetzung an. Ob es sich dabei um einen strafbaren Tatbestand gehandelt habe, werde zeitnah geprüft, sagte ein Sprecher der Polizei Recklinghausen.
Beide Äußerungen erfüllten nach seinem Verständnis mehrere Tatbestandsmerkmale des Strafgesetzbuch-Paragrafen zur Volksverhetzung, argumentierte der Grüne Selim Korkutan, der bei der jüngsten Kommunalwahl in den Rat der Stadt Castrop-Rauxel gewählt worden ist. Der Wortlaut seiner Online-Anzeige und eine entsprechende Eingangsbestätigung der Polizei NRW liegen der dpa vor.
Der Kanzler habe mit seinen öffentlichen Äußerungen einen Zusammenhang hergestellt zwischen Problemen im Stadtbild sowie Migration und Rückführungen, heißt es dort. Dadurch würden Menschen durch ihre Herkunft, Hautfarbe oder Religion „erkennbar als ‚anders‘ markiert“, schrieb Korkutan.
„Durch die Wortwahl wird suggeriert, dass diese Menschen allein durch ihre Anwesenheit ein Problem darstellen, das behoben werden müsse“, kritisierte der 21-jährige Grüne. „Dies überschreitet den Rahmen einer politischen Debatte und stellt eine pauschale Diskriminierung dar.“ Zudem seien die Aussagen des Kanzlers „geeignet, gesellschaftliche Spannungen zu verschärfen, Vorurteile zu verstärken und Minderheitenfeindlichkeit zu befeuern“.
Merz‘ Aussage im Kontext und Wortlaut
Merz war bei einem Termin vergangene Woche von einem Reporter auf das Erstarken der AfD angesprochen worden. Er sagte daraufhin unter anderem, dass man nun frühere Versäumnisse in der Migrationspolitik korrigiere und dass man Fortschritte mache. „Wir haben in dieser Bundesregierung die Zahlen August '24/August '25 im Vergleich um 60 Prozent nach unten gebracht.“ Merz fügte an: „Aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem, und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr großem Umfang auch Rückführungen zu ermöglichen und durchzuführen.“
Am Montag war der CDU-Chef bei seiner Haltung geblieben und hatte nachgelegt: „Fragen Sie mal Ihre Töchter, was ich damit gemeint haben könnte. Ich vermute, Sie kriegen eine ziemlich klare und deutliche Antwort. Ich habe gar nichts zurückzunehmen.“ Zuspruch erhielt Merz auch von Parteifreunden wie Unionsfraktionschef Jens Spahn, der ebenfalls auf die sichtbaren Folgen der irregulären Migration, etwa an Hauptbahnhöfen, hinwies.
Muster-Anzeige gegen Merz kursiert im Netz
Vertreter von Grünen, Linken und der SPD kritisieren Merz seit einer Woche für seine Äußerungen scharf und werfen ihm Rassismus vor. Dienstagabend mobilisierte die Klimaaktivistin und Grünen-Politikerin Luisa Neubauer vor der CDU-Zentrale in Berlin nach Polizeiangaben rund 2000 Menschen unter dem Motto „Feministische Kundgebung: Wir sind die Töchter“. Die Veranstalter sprachen von 7500 Teilnehmern.
In den sozialen Medien kursieren inzwischen Aufrufe, ebenfalls Anzeige gegen Merz zu stellen. Eine Fachanwältin für Migrationsrecht hat bei Instagram ein Muster dafür veröffentlicht. „Warum haben wir studiert und uns ein Leben hier aufgebaut, wenn unser Bundeskanzler freilich solche rassistischen Aussagen tätigt?“, heißt es in einem Aufruf der Hamburger Kanzlei Uyanik. „Druckt das Dokument aus und schickt es postalisch an die Staatsanwaltschaft oder digital an die Polizei.“ Der Beitrag wurde bis zum frühen Mittag fast 12.000 Mal gelikt.
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