Die Kirchenbindung in Deutschland bröckelt: Nur noch 39 Prozent der Kirchenmitglieder würden heute – als Erwachsene – erneut in ihre Kirche eintreten. 2005 waren es noch 62 Prozent. Das zeigt eine aktuelle Umfrage der Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland (fowid), die am Samstag in Berlin vorgestellt wurde. Für die Erhebung befragte das Institut Mentefactum rund 1000 Kirchenmitglieder.

In der evangelischen wie der katholischen Kirche in Deutschland ist die Kindstaufe in den ersten Lebensmonaten die Regel. Sagten 2005 noch 36 Prozent der Befragten, sie würden „sicher“ auch im Erwachsenenalter Kirchenmitglied werden, waren es 2025 nur noch 16 Prozent.

Stattdessen überwiegt die Skepsis: Mehr als die Hälfte (53 Prozent) der Kirchenmitglieder tendiert inzwischen zu einem Leben ohne Kirche; 33 Prozent halten es für „wahrscheinlich“ und 20 Prozent für „sicher“, heute nicht wieder Mitglied zu werden.

Katholiken zeigen höhere Bindung als Protestanten

Zwischen den Konfessionen zeigen sich leichte Unterschiede in der Kirchenbindung. Katholiken sind ihrer Kirche etwas stärker verbunden: 41 Prozent würden wieder eintreten, bei den Mitgliedern der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sind es 36 Prozent.

Auffällig ist der Wandel zwischen den Geschlechtern: Während 2005 noch zwei Drittel der Frauen (66 Prozent) und 56 Prozent der Männer ihre Kirche erneut gewählt hätten, liegt der Anteil 2025 nur noch bei 36 Prozent der Frauen und 43 Prozent der Männer.

Ende 2024 gehörten noch 37,8 Millionen Menschen in Deutschland den beiden großen Kirchen an, knapp 18 Millionen davon der evangelischen und 19,8 Millionen der katholischen Kirche – ein Minus von 1,1 Millionen im Vergleich zu 2023. Seit Jahren schwindet die Zahl der Kirchenmitglieder durch Austritte und Sterbefälle. Zugleich werden weniger Kinder getauft oder Erwachsene missioniert.

Wie die Umfrage auch zeigt, könnte der Mitgliederschwund noch größer ausfallen, wenn die Kirchen ihre Einnahmen aus der Kirchensteuer nicht oder nur kaum für soziale Zwecke wie die Caritas oder die Diakonie verwenden würden. Demnach sagen zwei Drittel (66 Prozent) der Kirchenmitglieder, dies wäre für sie ein Austrittsgrund – für die Hälfte von ihnen „sicher“, für die andere Hälfte „wahrscheinlich“. Rund ein Viertel (24 Prozent) würde in einem solchen Fall der Kirche treu bleiben.

Zum Vergleich: 2005 gaben 50 Prozent an, sie würden auch bei Wegfall sozialer Ausgaben Mitglied ihrer Kirche bleiben. 47 Prozent sagten, sie würden austreten, wenn die Kirche kaum soziale Zwecke unterstütze.

2050 noch 20 Prozent Christen in Deutschland

Der fortlaufende Schwund der Kirchenmitglieder könnte nach Ansicht des Soziologen Edgar Wunder dazu führen, dass in 25 Jahren nur noch zehn Prozent der Bevölkerung der katholischen und zehn Prozent der evangelischen Kirche angehören. „Wenn sich die aktuelle Entwicklung fortsetzt, werden bis 2050 lediglich etwa 20 Prozent der Bevölkerung einer der beiden großen Kirchen angehören“, sagte Wunder in Berlin.

Seit 2022 sind Kirchenmitglieder nur noch eine Minderheit in Deutschland. Derzeit machen Katholiken 23,7 Prozent der Bevölkerung aus, evangelische Christen 21,5 Prozent. Mit seiner Prognose erwartet Wunder einen schnelleren Rückgang als bisherige Hochrechnungen. 2019 hatte eine Studie des Freiburger Forschungszentrums Generationenverträge ergeben, dass sich die Zahl der Kirchenmitglieder bis 2060 auf rund die Hälfte reduzieren werde. Wunder rechnet etwa zehn Jahre früher mit dieser Halbierung.

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt beim ursprünglichen Autor. Die erneute Veröffentlichung dieses Artikels dient ausschließlich der Informationsverbreitung und stellt keine Anlageberatung dar. Bei Verstößen kontaktieren Sie uns bitte umgehend. Wir werden bei Bedarf Korrekturen oder Löschungen vornehmen. Vielen Dank.