Der ehemalige SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich hat Fehler beim Umgang mit Russland eingeräumt. „Ich hatte keinen Plan B“, sagte Mützenich dem „Spiegel“, angesprochen auf eine Äußerung vor Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022. Damals hatte der Sozialdemokrat gefordert, man müsse Russland in eine europäische Sicherheitsarchitektur einbeziehen.
Er habe dabei das Wort „perspektivisch“ benutzt, betonte Mützenich. „Aber ich gebe zu: Ich habe nicht früh genug darüber nachgedacht, was passieren würde, wenn die Einbindung scheitert.“
Auch mit Blick auf das Pipelineprojekt Nord Stream 2 äußerte sich Mützenich selbstkritisch. „Es sind Fehler gemacht worden“, sagte er auf die Frage, ob die deutsche Russlandpolitik blauäugig gewesen sei. „Da nehme ich mich nicht aus.“
Die Bundesregierung hatte Nord Stream 2 auch nach der Annexion der Krim 2014 noch als „privatwirtschaftliches Projekt“ verteidigt. „Natürlich gab es bei Nord Stream ein deutsches Interesse: ein wirtschaftliches“, sagte Mützenich. „Unsere Industrie profitierte von billigem russischem Gas. Warum kann man nicht einfach zugeben, dass unter kapitalistischen Bedingungen diese Widersprüche nicht so einfach aufzulösen sind?“
Mützenich verteidigt SPD-Abrüstungspolitik
Bei aller Selbstkritik beharrt Mützenich auch auf seinen Überzeugungen. Er sei weiter „davon überzeugt, dass Außen- und Sicherheitspolitik weitaus mehr ist als Aufrüstung und Abschreckung“, sagte der Sozialdemokrat. „Dieses Prinzip war immer ein tragender Pfeiler sozialdemokratischer Außenpolitik, und das sollte auch so bleiben.“
Mützenich hatte wie auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner und Ex-Parteichef Norbert Walter-Borjans im Juni ein außenpolitisches Manifest unterzeichnet, in dem eine Kehrtwende im Umgang mit Russland und in der Frage der Aufrüstung gefordert wurde.
„Militärische Alarmrhetorik und riesige Aufrüstungsprogramme schaffen nicht mehr Sicherheit für Deutschland und Europa, sondern führen zur Destabilisierung und zur Verstärkung der wechselseitigen Bedrohungswahrnehmung zwischen Nato und Russland“, hieß es darin unter anderem.
Die SPD-Politiker forderten mehrere konkrete Maßnahmen, darunter Gespräche mit Russland: Nötig sei jetzt eine „schrittweise Rückkehr zur Entspannung der Beziehungen und einer Zusammenarbeit mit Russland“. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bezeichnete das „Manifest“ als „Realitätsverweigerung“.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt beim ursprünglichen Autor. Die erneute Veröffentlichung dieses Artikels dient ausschließlich der Informationsverbreitung und stellt keine Anlageberatung dar. Bei Verstößen kontaktieren Sie uns bitte umgehend. Wir werden bei Bedarf Korrekturen oder Löschungen vornehmen. Vielen Dank.