• Migration und Unsicherheitsgefühle
  • SPD will Sachlichkeit und Gespräche mit der Union
  • Grünen-Chef will Stadtbild-Debatte für Lösungen nutzen
  • Offener Brief von 60 Frauen

In der "Stadtbild"-Debatte hatten in einer ZDF-Umfrage 63 Prozent der Befragten dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz in der präzisierten Äußerung recht gegeben. Kriminologe Marcel Schöne sagte dazu, offenbar sei bislang zu wenig konstruktiver Raum dagewesen – für Menschen, die Probleme mit der Migration wahrnehmen und sie ansprechen wollen.

Der Professor an der Sächsischen Polizeihochschule sieht die Diskussion erst einmal positiv. Sie zeige, "wie viel Druck auf dem Kessel ist". Und man sehe, dass diese polarisierenden Reaktionen auch ein Ergebnis davon seien, dass es unterschiedliche Vorstellungen von Normalität gebe.

Migration und Unsicherheitsgefühle zeigen sich

Merz triggert mit seiner Aussage Schöne zufolge im Grunde eine Grundangst der Menschen und das ist die Angst vor dem Fremden. Das heißt, Fremdsein werde als ablehnend empfunden. Weil Fremdsein nicht als Bereicherung, als Chance wahrgenommen werde, sondern als Risiko. Zudem sagte der Kriminologe, nicht die Migration sei problematisch, sondern der Umgang damit und was diese Leute mitbringen, wenn sie kommen. Das seien beispielsweise auch Vorstellungen von Konfliktklärung. Auch die Möglichkeiten der Integration in die Gesellschaft und wie man am Arbeitsprozess teilnehmen kann. Zudem spielten eine zentrale oder dezentrale Unterbringung eine Rolle. Auch dürfe man Fremdsein nicht mit Kriminalität gleichsetzen, wie es der Kanzler getan habe.

Ursprung der "Stadtbild"-Debatte ist eine Merz-Äußerung

Bundeskanzler Merz hatte am 14. Oktober im Zusammenhang mit der Migrationspolitik von Problemen im Stadtbild gesprochen und damit eine Debatte ausgelöst. Am vergangenen Mittwoch konkretisierte er dann, dass er damit nicht Menschen anderer Hautfarbe und Herkunft meine, sondern Menschen ohne dauerhaften Aufenthaltsstatus und Arbeit, die sich "auch nicht an unsere Regeln halten". Erst am Montagabend hatten der Polizei zufolge bis zu 2.000 Menschen in Leipzig und rund 500 Menschen in Chemnitz gegen die Äußerung protestiert.

SPD will Sachlichkeit und Gespräche mit der Union

In der anhaltenden Debatte über mehr Sicherheit im öffentlichen Raum fordern SPD-Abgeordnete ein Spitzentreffen im Kanzleramt. Fraktionsgeschäftsführer Dirk Wiese kündigte dazu bei MDR AKTUELL Gespräche in der Koalition an. Ob man das Gipfel nenne, bleibe dahingestellt. Wiese betonte, Kommunen und Gemeinden bräuchten die finanziellen Möglichkeiten, um in soziale Räume zu investieren. Die Debatte müsse versachlicht werden.

Auch SPD-Fraktionschef Matthias Miersch warb für eine Versachlichung der Diskussion. "Die aktuelle Debatte über das Stadtbild polarisiert", schrieb Miersch in einem Brief an seine Fraktion. "Wir dürfen Menschen nicht gegeneinander ausspielen. Gleichzeitig müssen Probleme benannt werden." Miersch zufolge soll es dazu nun Gespräche mit der Unionsfraktion auf Fachpolitiker-Ebene geben.

Grünen-Chef will Stadtbild-Debatte für Lösungen nutzen

Der Grünen-Bundesvorsitzender Felix Banaszak hat zudem gefordert, die "Stadtbild"-Debatte zu nutzen, um soziale Probleme anzugehen. Banaszak sagte MDR AKTUELL, der Staat müsse an bestimmten Orten präsenter sein, etwa mit mehr Polizei oder auch mit Sozialarbeitern. Es sei nicht so, dass die Dinge, die von Menschen als Herausforderung wahrgenommen werden, sich allein durch Abschiebungen lösen ließen.

Der Grünen-Politiker sagte, man habe es mit einem neuen Phänomen zu tun, das in einem Zusammenhang mit der Migration steht. Dem müsse man sich widmen. Aber das tue der Bundeskanzler nicht. Merz drücke sich vor einer differenzierten und pragmatischen Debatte.

Offener Brief von 60 Frauen

In der Debatte haben sich 60 Frauen aus Kunst, Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft mit einem offenen Brief an Bundeskanzler Merz gewandt. Sie fordern ihn auf, sich mehr für die Sicherheit von Frauen einzusetzen. Betroffene von Sexismus und Opfer von Rassismus dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden. Es brauche einen öffentlichen Raum, in dem sich alle Menschen wohlfühlen. Zu den Unterzeichnerinnen gehören die Grünen-Politikerin Ricarda Lang, Klimaaktivistin Luisa Neubauer und Musikerin Joy Denalane.

dpa, AFP, MDR Aktuell (das)

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