Der Kampf gegen „Hass im Netz“ hat viele Säulen. Zahlreiche Meldestellen bieten bundesweit ihre Dienste an, Bürger können dort online Beobachtungen und Beschwerden einbringen. Eine dieser Stellen ist „Hessen gegen Hetze“.
Die Meldestelle protokolliert seit Januar 2020 Fälle von „Hate Speech“ und extremistischen Äußerungen aus ganz Deutschland, die Nutzer dort melden können. Eine solche Meldung machte jüngst Schlagzeilen: Autor und Professor Norbert Bolz hatte im Portal X einen Witz über eine „taz“-Titelzeile gemacht und dabei ironisch den SS-Spruch „Deutschland erwache!“ genutzt. Daraufhin klingelte die Polizei an seiner Tür, eine Hausdurchsuchung erfolgte. Laut WELT lautete der Vorwurf: „Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.“
Der Fall machte bundesweit Schlagzeilen, rief zahlreiche Kritiker auf den Plan und führte letztlich auch zu einer Debatte über „Hessen gegen Hetze“.
Örtliche Medien wie die „Hessenschau“ (Hessischer Rundfunk) berichten nun über ein mögliches Nachspiel für die Meldestelle. Die hessische FDP fordert mittlerweile eine Abwicklung des Portals, das, so wird FDP-Fraktionschef Stefan Naas zitiert, zum „Meinungsmelder-Portal“ geworden sei.
Am Donnerstag soll der Landtag über die FDP-Forderung abstimmen, die Meldestelle ganz abzuwickeln. Auch die AfD hat einen entsprechenden Antrag formuliert. AfD-Sprecher Patrick Schenk sprach in dem Zusammenhang von einem „Denunziationsportal“, das überflüssig sei. „Sie (Hessen gegen Hetze, d. Red.) ist eine teure und überflüssige Doppelstruktur, in der mehrheitlich Personen tätig sind, die juristisch nicht qualifiziert sind“, zitierte ihn die „Hessenschau“.
CDU-Innenminister hat eigene Pläne für das Portal
Eine Mehrheit für die Anträge ist nicht zu erwarten. In Hessen regieren CDU und SPD unter der Führung von Ministerpräsident Boris Rhein (CDU). Hessens CDU-Innenminister Roman Poseck zeigte sich zuvor offen dafür, die Meldestelle umzustrukturieren. Der bislang deutschlandweite Aktionsradius der in seinem Haus angesiedelten Meldestelle soll dann auf Hessen begrenzt werden. In einer Reaktion auf die Causa Norbert Bolz hatte Poseck „Hessen gegen Hetze“ noch verteidigt.
Die Berliner Staatsanwaltschaft sei zwar im Fall des Publizisten zu weit gegangen. Der Meldestelle selbst sei jedoch nichts vorzuwerfen. Diese nehme lediglich unverbindliche Bewertungen vor, weitere Entscheidungen treffe dann die Justiz.
Eingerichtet worden war „Hessen gegen Hetze“ als Reaktion auf den Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, der 2019 von dem hessischen Rechtsextremisten Stephan Ernst getötet wurde. Gegen den Lokalpolitiker Lübcke war zuvor auch im Internet gehetzt worden, wie die Ermittlungen anschließend ergaben. Sechs Jahre später befürchtet FDP-Fraktionschef Naas mit Blick auf „Hessen gegen Hetze“, dass das Portal womöglich über das Ziel hinausgeschossen sei: „Am Ende hat der Bürger das Gefühl, dass er doch einer Zensur unterliegt“.
Die „Hessenschau“ hat für ihren Artikel auch recherchiert, wie viele Hinweise bei dem Portal überhaupt auflaufen: Rund 85.000 Hinweise seien von 2020 bis 2025 eingegangen, heißt es. „Knapp die Hälfte wurde weitergeleitet: Wegen möglicher strafrechtlicher Vergehen gingen rund 27.000 Fälle ans Bundeskriminalamt, 14.000 Meldungen an die Generalstaatsanwaltschaft“, heißt es weiter.
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