Die Regierungskoalition in Brandenburg steht nach dem Parteiaustritt von vier Mitgliedern des BSW auf der Kippe. In einer gemeinsamen Erklärung verkündeten Jouleen Gruhn, Melanie Matzies, André von Ossowski und Reinhard Simon den Schritt am Dienstagabend. Wie es mit der Koalition weitergeht, hängt unter anderem davon ab, wie sich die Mehrheitsverhältnisse nach dem Austritt verändern.

In ihrer Erklärung verweisen Gruhn, Matzies, von Ossowski und Simon auf die jüngsten Entwicklungen innerhalb des BSW. „Autoritäre Tendenzen prägen zunehmend mehr das innerparteiliche Klima, der Druck auf Abgeordnete wächst, während offene Diskussionen und die Einbindung unterschiedlicher Stimmen in den Hintergrund treten“, heißt es in der Erklärung, in der auch von „radikalisierten Positionen“ die Rede ist.

Konkret beziehen sich die vier Abgeordneten auf die Debatte um zwei Medienstaatsverträge, um die in der BSW-Fraktion zuletzt heftig gerungen wurde. Hier habe sich gezeigt, dass es einen „Verlust an Besonnenheit, Vernunft und demokratischer Diskussionskultur“ gegeben habe. „Statt Beteiligung, Dialog, Kompromiss und Einigung stand am Ende Eskalation.“

Sie monieren auch, dass Ostdeutschland bei der Neuaufstellung des Bundesvorstands des BSW „sträflich“ vernachlässigt werde. Auch dies habe zu dem Entschluss, aus der Partei auszutreten, beigetragen. Er sei das Ergebnis sorgfältiger Überlegungen.

Worum geht es in dem Streit um die Rundfunkverträge?

Der Konflikt dreht sich um die Kritik aus der BSW-Fraktion an zwei Medienstaatsverträgen, die kommende Woche im Landtag zur Abstimmung anstehen. Dabei geht es um die Reform von ARD, ZDF und Deutschlandradio sowie mehr Jugendmedienschutz.

Die BSW-Fraktion hatte mehrheitlich angekündigt, dagegen zu stimmen. Sie fordert eine weitgehendere Reform und befürchtet bei den Plänen zum Jugendmedienschutz übermäßige staatliche Eingriffe.

Allerdings gibt es auch innerhalb der Fraktion keine Einigkeit über das Thema. Finanzminister Robert Crumbach (BSW) tritt etwa für die Reformen ein. Der Partei-Bundesvorstand wiederum lehnte sie Anfang November ab. Zuletzt stellten vier Abgeordnete einen Misstrauensantrag gegen den Fraktionsvorstand um den Vorsitzenden Niels-Olaf Lüders.

Für die Sitzung des Hauptausschusses im Landtag am Mittwoch – eine Vorabstimmung – wird erwartet, dass Crumbach mit Ja stimmt, BSW-Fraktionschef Lüders mit Nein. Bei der Entscheidung im Landtag wollte die BSW-Fraktion laut Lüders am 19./20. November mehrheitlich mit Nein stimmen. Ministerpräsident Dietmar Woidke dürfte für die Medienstaatsverträge dennoch eine Mehrheit erhalten, da auch die CDU Zustimmung signalisierte.

Wie geht es nun mit der Koalition weiter?

Die SPD zeigt sich überrascht und will erst einmal mit der BSW-Fraktionsspitze beraten. Sie hat es nun praktisch mit zwei Lagern innerhalb der Fraktion zu tun. SPD-Fraktionschef Björn Lüttmann verweist aber darauf, dass die vier ausgetretenen BSW-Mitglieder „ein klares Bekenntnis zur Koalition“ abgegeben hätten.

Die vier ausgetretenen Abgeordneten betonen, dass sie als Mitglieder der Fraktion die Arbeit von SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke und der BSW-Minister weiter unterstützen wollen.

Der Brandenburger Landtag besteht aus 88 Abgeordneten. Die SPD ist mit 32 Sitzen die größte Fraktion im Landtag, hat aber keine absolute Mehrheit. Sie ist daher auf Koalitionspartner angewiesen. Zusammen mit dem BSW und dessen 14 Sitzen haben beide eine knappe Mehrheit von 46 Stimmen. Die AfD ist mit 30 Sitzen vertreten. Die CDU verfügt über 12 Sitze im Landtag.

Ohne Gruhn, Matzies, von Ossowski und Simon käme das BSW auf zehn Abgeordnete. Die Koalition würde damit von 46 auf 42 Abgeordnete schrumpfen und hätte damit keine absolute Mehrheit mehr. Nach aktuellem Stand wollen die vier in der Fraktion bleiben – parteilos. Eine Koalition aus SPD und CDU hätte mit 44 Stimmen keine Mehrheit.

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