Der Kreuzberger Grünen-Abgeordnete Turgut Altug hat seinen Austritt aus der Partei und der Grünen-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus angekündigt. Zur Begründung teilte er in einer Erklärung auf seiner Homepage mit, die große Mehrheit der Grünen entferne sich immer weiter von der Lebensrealität vieler Berlinerinnen und Berliner.
Die „sogenannte Identitätspolitik“ dominiere zunehmend die Arbeit in der Grünen Fraktion und Partei. „Gleichzeitig lebt eine große Mehrheit der Partei in ihrer eigenen ‚Bubble‘.“ Die Kernthemen der Partei – Altug nennt unter anderem den Einsatz für eine sozial-ökologische Gesellschaft, Verbraucher- und Naturschutz sowie Ernährung und Landwirtschaft – spielten nur noch eine nachgeordnete Rolle.
Scharfe Kritik äußert Altug zudem an der Fraktionsführung der Kreuzberger Grünen. Diese agiere „mit autoritärer Hand“, der Raum für offene Debatten habe sich nach den letzten beiden Wechseln an der Fraktionsspitze immer weiter verengt. „Ein echtes Qualitätsmerkmal von Demokratie ist Meinungsvielfalt sowie der Einsatz für die Rechte vor allem von Benachteiligten und Unterdrückten“, so Altug. „Die Grenze zwischen legitimer Fraktionsdisziplin und illegitimem Fraktionszwang verschwimmt, Minderheitsmeinungen verschwinden und werden zunehmend unterdrückt.“ Fraktionvorsitzende der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus sind derzeit Bettina Jarasch und Werner Graf.
„Ich halte diese Nähe für problematisch“
Nach Ansicht von Altug nähert sich zudem die überwiegende Mehrheit der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus politisch immer stärker der Partei Die Linke an – „sichtbar in unzähligen gemeinsamen Anträgen und Initiativen im Parlament“. „Ich halte diese Nähe für problematisch“, so Altug, der in seiner Mitteilung insbesondere Initiativen zur Kleingartenflächensicherung und Ernährungsstrategien sowie den Wohnungsbau anführt.
So fordere die Linkspartei „unter dem Schlagwort ‚demokratischer Sozialismus‘ die Verstaatlichung von Wohnraum“. Zugleich würden die Folgen der von der PDS als Vorgängerpartei der Linken vorangetrieben Privatisierungen kommunaler Wohnungsbestände Anfang der 200er Jahre „bis heute die Berliner Wohnraumkrise verschärfen und sich auch auf andere Lebensbereiche weiter auswirken“. „Vor diesem Hintergrund vermisse ich seit Langem eine klare inhaltliche Abgrenzung der Grünen gegenüber dieser Partei, die zudem Antisemitismus in den eigenen Reihen kaum bekämpft“, heißt es weiter.
Sein Abgeordnetenmandat will der 60-Jährige trotz des angekündigten Partei- und Fraktionsaustritts behalten. Altug hat ein Direktmandat. Er sitzt seit 2011 im Berliner Abgeordnetenhaus und war bisher Teil der 34-köpfigen Grünen-Fraktion dort. Er ist Sprecher für Naturschutz, Umwelt- und Naturbildung sowie Ernährung und Landwirtschaft.
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