Der Oberbürgermeister von Tübingen, Boris Palmer, zeigt sich angesichts der wirtschaftlichen Lage Deutschlands besorgt. „Auch unterhalb der Hauptstädte haben wir das Problem, dass uns die Sozialausgaben in den Kommunen (...) tatsächlich die Haare vom Kopf fressen“, sagte der parteilose Politiker am Montagnachmittag im Talkformat „MEINUNGSFREIHEIT“ mit Nena Brockhaus bei WELT TV.
Weil gleichzeitig die Steuereinnahmen nicht steigen würden, sehe man sich in den Kommunen gezwungen, Leistungen „kaputtzusparen“. So seien in Tübingen zehn Prozent der Busfahrten gestrichen worden. Der Ernst der Lage sei in der „höheren Politik“ bislang nicht erkannt worden.
Palmer machte mehrere Vorschläge, um dem Problem zu begegnen. „Es wird Zeit, dass man die Zumutungen ernsthaft verteilt, dass man da nicht mehr drumherum redet“, forderte er. „Man müsste sowohl die Vermögenden mehr zur Kasse bitten (...), als auch den Rentenbeziehern sagen, die Rentensteigerungen sind in Zukunft nicht mehr drin, weil insgesamt das Geld nicht ausreicht“, sagte er.
Dabei wies er darauf hin, dass er eine Erbschaftssteuer, insbesondere bei Unternehmen, für den falschen Weg halte. Stattdessen schlug er eine Erhöhung der Steuer auf Grundvermögen vor. In Deutschland sei es möglich, „für 15 Euro im Monat alle Leistungen einer Kommune abzugelten“. Doch „wenn die Kommune nicht die Umfeldbedingungen schafft, ist das Grundstück nichts mehr wert“. Palmer bezeichnete dies als „eine Art von Sozialdumping, die ich nicht mehr finanzieren kann“.
„Wir müssen den Vermögenden einen höheren Beitrag abverlangen“, so Palmer, und ergänzte, dass dies nur gehe, „wenn wir gleichzeitig auch denen, die Leistungsempfänger sind, was abverlangen, indem wir Ausgaben kürzen“.
Palmer empfiehlt Merz die Vertrauensfrage
Der Politiker äußerte sich auch zum Streit um die Rente in der Unionsfraktion. Er empfahl Bundeskanzler Friedrich Merz (CSU) das fraktionsinterne Mehrheitsproblem zu lösen, „indem man es wieder zu einer Machtfrage macht“. Die Vertrauensfrage sei eine „elegante Antwort“.
Palmer weiter: „Ich verstehe nicht, warum der Kanzler sich weigert, eine Vertrauensfrage zu stellen. Wenn er eine Vertrauensfrage stellt, kann die junge Gruppe bedenkenlos zustimmen, weil: Sie hat ja kein Misstrauen gegenüber dem Kanzler.“
In der Sache findet Palmer den Widerstand der Jungen Gruppe richtig. Angesichts der deutschen Demografie würden „im umlagefinanzierten System die Wirtschaft und die Beitragszahler überfordert, wenn man diese Rentensteigerungen dauernd weiterfinanzieren muss“, so Palmer. „Deswegen finde ich es richtig, dass da junge Abgeordnete sich für die Interessen der jungen Generation einsetzen.“
Die zur Abstimmung stehenden Beschlüsse der SPD- und Unionsspitze sind für Palmer „gegen Mathematik, gegen die junge Generation und gegen die Wirtschaft“. Er kritisierte: „Die Wirtschaft liegt danieder. Wir haben Rezession, seit drei Jahren. Und was fällt der Regierung ein? Lohnnebenkosten steigern!“
Selbst seine Ex-Partei, die Grünen, hätte schon bessere Vorschläge gemacht. „Da haben Grüne schon mal gesagt: Dann sollten wir Ökosteuern einführen, damit die Arbeit nicht zu teuer wird. Und jetzt sehen wir zu, wie Arbeit teurer gemacht wird. Nein, da finde ich die Junge Gruppe auf dem richtigen Weg. Die sollte Nein sagen, solange es um die Sache geht.“
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