Am Freitag werden in rund 90 Städten Schüler-Demonstrationen gegen die von Schwarz-Rot geplante Wehrdienst-Reform erwartet.

„Wir wollen nicht als Kanonenfutter enden“, heißt es auf Instagram in einem Aufruf zu den bundesweiten Protesten. „Wir schauen nicht stumm zu wie wir und unsere Freunde per Los zum Töten und Sterben gezwungen werden.“ Und: „Wir wollen nicht ein halbes Jahr unseres Lebens in Kasernen eingesperrt sein, zu Drill und Gehorsam erzogen werden und töten lernen.“ Krieg sei keine Zukunftsperspektive und zerstöre die Lebensgrundlage.

Die Proteste finden vor dem Hintergrund der Bundestags-Abstimmung über die Wehrdienst-Reform am Freitag statt. Vorgesehen ist nun, dass junge Männer einen Fragebogen ausfüllen und zur Musterung erscheinen müssen. So sollen genügend Freiwillige für den Personalbedarf der Bundeswehr gewonnen werden. Wenn das nicht reicht, soll der Bundestag über eine Wiedereinführung der Wehrpflicht entscheiden.

In Nordrhein-Westfalen sind gegen diese Reform in mehr als zehn Städten Protestaktionen zu unterschiedlichen Zeiten geplant. Darunter sind Veranstaltungen sowie Demonstrationen in Bielefeld, Bonn, Dortmund, Essen und Krefeld. Ein Bündnis von Jugendorganisationen bezeichnet das als „Schulstreik“. Zum Bündnis gehört auch die Landesschülervertretung NRW. Jede Form staatlicher Zwangsdienste würden abgelehnt, erklärte diese. Der Staat dürfe sich nicht über Körper, Lebenszeit und Zukunftspläne junger Menschen hinwegsetzen, um geopolitische Interessen durchzusetzen. Engagement müsse freiwillig bleiben.

Teils von Linkspartei unterstützt

In Hamburg wurden Schüler aufgerufen, sich nach den ersten beiden Schulstunden auf den Weg zu einem Platz in der Innenstadt zu machen, wo am frühen Vormittag eine Demonstration beginnen soll. Unterstützt werden sie dabei unter anderem von den Linken und mehreren Gewerkschaften.

„Wir stehen für Selbstbestimmung. Wehr- oder Pflichtdienste darf es daher ebenso wenig geben wie Werbung der Bundeswehr an Bildungseinrichtungen“, sagt Hamburgs DGB-Chefin Tanja Chawla. Und Hamburgs Verdi-Vorsitzende Sandra Goldschmidt betont: „Den Frieden in Europa sicherzustellen, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und darf nicht auf die jungen Menschen abgewälzt werden.“

In Hessen soll es unter anderem Veranstaltungen in Frankfurt am Main, Wiesbaden, Kassel und Darmstadt geben. Viele junge Menschen würden auf keinen Fall in den Kriegsdienst gezwungen werden wollen, sagte etwa Severin Schwartmann von der Organisation Falken Hessen Süd der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Sie fühlten sich in den politischen Prozessen schlicht übergangen. Von der Protestaktion erhoffen sich die Organisatoren einen „Fridays-for-Future-Moment“, sagte der dpa ein Mitorganisator des Schülerstreiks in Frankfurt am Main.

Auch in Rheinland-Pfalz soll es „Schulstreiks“ unter anderem in Koblenz, Landau, Mainz und Trier geben. Sie werden von der Landesschülerinnen- und Landesschülervertretung (LSV) unterstützt. Die Interessenvertretung der jungen Menschen spricht sich klar gegen eine Wiedereinführung der Wehrpflicht oder eine allgemeine Dienstpflicht aus. Die Protestaktionen werden von der LSV zwar nicht maßgeblich mitgestaltet. „Jedoch unterstützen wir die Meinung, dass die Wehrpflicht auch in der von der Bundesregierung vorgestellten Form nicht wieder eingeführt werden soll“, erklärte eine Sprecherin.

Sogenannte „Schulstreiks“ sind unter anderem auch für Erfurt, Dresden, Kiel und Berlin angekündigt.

CDU pocht auf echte Wehrpflicht, wenn Freiwillige fehlen

Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, der CDU-Politiker Thomas Röwekamp (CDU), pocht derweil auf eine Entscheidung über die Reaktivierung der Wehrpflicht bis Sommer 2027, sollten sich nicht genügend Freiwillige für die Bundeswehr finden.

Das im Bundestag am Freitag zur Abstimmung stehende Gesetz über einen neuen Wehrdienst bezeichnete Röwekamp gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) als einen „politischen Kompromiss zweier sehr unterschiedlicher politischer Ansichten“. Er hoffe, dass der der Nato zugesagte ehrgeizige personelle Aufwuchs auf freiwilliger Basis gelingt. „Ich habe aber wie viele Experten erhebliche Zweifel. Deshalb müssen wir spätestens im Sommer 2027 entscheiden, ob wir die im Gesetz vorgesehene Wehrpflicht aktivieren, um unsere Freiheit und unseren Frieden zu sichern“, sagte der Ausschussvorsitzende.

Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Henning Otte (CDU), lobte vor der Abstimmung am Freitag das geplante Gesetz. „Das neue Wehrdienstgesetz ist ein zentraler Schritt zur personellen Stärkung der Bundeswehr und zielt in die richtige Richtung. Die Erwartungshaltung in der Gesellschaft und insbesondere in der Truppe ist groß", so Otte gegenüber der „Rheinischen Post“ vom Freitag.

„Das Verteidigungsministerium darf nicht an den eigenen Zielzahlen scheitern. Der Aufwuchs der aktiven Truppe von circa 180.000 auf 260.000 und einer Reserve von 200.000 Soldatinnen und Soldaten muss gelingen“, betonte Otte zudem. „Sollte es abzusehen sein, dass die Ziele verfehlt werden, muss der Deutsche Bundestag eine verpflichtende Gesetzgebung veranlassen“, sagte der Wehrbeauftragte auch.

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