Bis vor einem Jahr konnte sich Abdul Ndarubogoye noch etwas Sicherheit erkaufen. Seine 400 Lastwagen, beladen mit Gütern aus Ruanda, zahlten im Kongo Schutzgeld – mal an die Hutu-Miliz FDLR, mal an kongolesische Soldaten, die mit ihr kooperieren. „Bis Januar ging das irgendwie“, sagt der Präsident einer ruandischen Transportvereinigung.

Doch dann eroberte die von Ruandas Armee unterstützte Tutsi-Miliz M23, erbitterter Feind der FDLR, die Großstadt Goma und letztlich den Großteil der rohstoffreichen Provinzen Nord- und Süd-Kivu im Kongo. Seitdem beschränkt sich Ndarubogoyes Markt auf diese beiden Provinzen. „Sobald wir weiterfahren, werden meine Trucks geplündert und verbrannt, die Fahrer geschlagen.“

Alles aus Ruanda gilt der FDLR nun als Unterstützung der M23. Das lässt sich nicht mehr mit Geld regeln. Als sich US-Präsident Donald Trump am Donnerstag in Washington als Beschwichtiger dieses Konflikts präsentierte, schaute Ndarubogoye ernüchtert am Fernseher zu. Der Unternehmer hat zu viele wirkungslose Friedensinitiativen erlebt. Auch wenn keine derart inszeniert wurde.

Die Zeremonie fand im ehemaligen US Institute of Peace statt, tags zuvor eilig in das Donald J. Trump Institute of Peace umbenannt. Mit dem Versprechen milliardenschwerer Investitionen lockte Trump sowohl Kigali als auch Kinshasa an den Verhandlungstisch – und hofft zugleich, mit dem Zugang zu begehrten Mineralien innenpolitisch zu punkten.

Man werde „einige der größten und besten Firmen in beide Länder schicken“, so Trump. Dabei hatten sich wichtige US-Investoren vor Jahren aus dem Kongo zurückgezogen und China überlassen – wegen der hohen Korruption, aber auch wegen Gesetzen, die den Nachweis konfliktfreier Lieferketten vorschreiben. Trump hat diese Paragrafen schon in seiner ersten Amtszeit abgeschwächt, zuletzt stieg das Interesse immerhin zaghaft, auch ermuntert durch Infrastrukturprojekte, die EU und USA gemeinsam vorantreiben.

Ein alter Konflikt, der weiter schwelen wird

Kongos Präsident Félix Tshisekedi und Ruandas Präsident Paul Kagame unterzeichneten die Vereinbarung, die sie verpflichtet, die Unterstützung bewaffneter Gruppen einzustellen, also die FDLR durch Kongos Armee und die M23 durch Ruanda. Kigali, das eine militärische Involvierung im Kongo bislang nie ganz zugegeben hatte, sagte zu, dort stationierte Einheiten schrittweise zurückzuziehen, während Kinshasa die Neutralisierung der FDLR garantieren soll.

Doch Experten bezweifeln, dass dieses Abkommen einen Konflikt beilegen kann, dessen Wurzeln bis zum Genozid an der Tutsi-Ethnie in Ruanda im Jahr 1994 durch Hutu-Milizen zurückreicht. Gestoppt wurde er letztlich von Tutsi-Truppen unter der Führung des heutigen Präsidenten Kagame. Die Hutu-Kämpfer flüchteten in den Kongo und gründeten die FDLR, die von Ruanda noch immer als existenzielle Bedrohung dargestellt wird. Der Kongo bezichtigt Ruanda dagegen, es nur auf die Rohstoffe im Ostkongo abgesehen zu haben. Beide übertreiben, aber völlig falsch sind die Behauptungen auch nicht.

Zudem macht die M23 keine Anstalten, die eroberten Gebiete zurückzugeben – zuletzt gab es schwere Kämpfe mit zahlreichen Toten. Die Anführer hatten zu Jahresbeginn gegenüber WELT Verbindungen zu Ruanda bestritten. Das ist wenig glaubwürdig, so ferngesteuert wie dargestellt ist die Gruppe allerdings auch nicht.

Im Abkommen ist die Rede von einer Integration in Kongos Armee. Bei vorangegangenen Konflikten ging dies schief, die Regierung sieht das rückblickend als Unterwanderung. Die M23-Führung wurde in Kinshasa in Abwesenheit zum Tod verurteilt – als Generäle sind sie kaum vorstellbar.

M23-Sprecher Oscar Balinda machte am Freitag wenig Hoffnung. „Das FDLR-Problem wird so bald nicht von Kongos Regierung gelöst werden“, erklärte er WELT AM SONNTAG, „die FDLR hat die staatlichen Institutionen in Geiselhaft“. Generell würden die Tutsis im Kongo schon seit der Unabhängigkeit diskriminiert, „die Regierung will dazu keine Lösungen finden“. Nach Aufgabe klingt das nicht.

Für Gespräche mit der M23-Miliz läuft ein paralleler Friedensprozess unter der Vermittlung Katars – doch Unternehmer Ndarubogoye glaubt nicht, dass das derart zersplittert funktionieren kann. So langsam zittert er um sein Geschäft. Viele glauben, dass Ruander wie er von den Exporten in die Kivu-Region profitieren, schließlich kommt dorthin ja nichts mehr von kongolesischer Seite. „Blödsinn“, sagt er, „wenn die Kämpfe nicht bald aufhören, muss ich die ersten Trucks verkaufen.“

Christian Putsch ist Afrika-Korrespondent. Er hat im Auftrag von WELT seit dem Jahr 2009 aus über 30 Ländern dieses geopolitisch zunehmend bedeutenden Kontinents berichtet.

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt beim ursprünglichen Autor. Die erneute Veröffentlichung dieses Artikels dient ausschließlich der Informationsverbreitung und stellt keine Anlageberatung dar. Bei Verstößen kontaktieren Sie uns bitte umgehend. Wir werden bei Bedarf Korrekturen oder Löschungen vornehmen. Vielen Dank.