Er war 20 Tage in Haft, ist seit einem Monat wieder draußen und hat bereits sein „Tagebuch eines Häftlings“ veröffentlicht. Zur ersten Lese- und Signierstunde des französischen Ex-Präsidenten und Ex-Häftlings Nicolas Sarkozy in einer Pariser Buchhandlung standen am Mittwoch zahlreiche Menschen Schlange. Femen-Aktivistinnen mit nackten Brüsten wurden umgehend von der Polizei abgeführt.

Das in Rekordzeit publizierte Buch löste auch eine Welle spöttischer Kommentare aus. „Das ist, als ob ich ein feministisches Essay veröffentliche, weil ich mal eine Spülmaschine ausgeräumt habe“, zitierte die Zeitung „Le Monde“ einen Online-Kommentar.

Wer immer schon wissen wollte, wie es dem ersten inhaftierten Ex-Staatschef eines EU-Landes im Gefängnis ergangen ist, wird zahlreiche Details erfahren: Häftling Nummer 320535 fand das Bett zu hart; das Essen so schlecht, dass er sich vor allem von Joghurts und Riegeln ernährt hat; und er war genervt, dass der Spiegel in Bauchhöhe angebracht war – weil er eine barrierefreie Zelle zugeteilt bekommen hatte. Diese hatte immerhin zwölf Quadratmeter, drei mehr als sonst üblich.

Häftling Sarkozy verzichtete auf den Hofgang, weil sich Paparazzi in einem benachbarten Haus eingemietet hatten, trieb aber eine Stunde Sport, unter anderem auf einem mechanischen Laufband. Jeden zweiten Tag besuchte ihn seine Frau Carla, häufig in Begleitung eines seiner Kinder, in einem kleinen Besuchsraum mit Plastikstühlen, in dem es weder Kaffee noch Wasser gab.

Wie manche Häftlinge vor ihm hatte Sarkozy eine Art religiöses Erweckungserlebnis. „Ich empfand plötzlich das Bedürfnis, mich neben mein Bett zu knien“, schrieb er. Er habe gebetet, „die Kraft zu haben, das Kreuz der Ungerechtigkeit zu tragen.“ Sonntags traf er dann auch noch den Gefängnisseelsorger, der ihm die Kommunion spendete.

Doch das 213-Seiten-Buch des konservativen Ex-Präsidenten ist mehr als ein von Unschuldsbeteuerungen und Selbstmitleid geprägter Erlebnisbericht aus einer Pariser Justizvollzugsanstalt. Es ist zugleich ein politisches Pamphlet, das angesichts des großen Einflusses, den der 70-Jährige noch immer hat, seine Wirkung nicht verfehlen dürfte.

„Der RN bedeutet keine Gefahr für Frankreich“, schreibt Sarkozy

Sarkozy plädiert sehr deutlich dafür, dass seine Partei der Republikaner sich der rechtspopulistischen Partei Rassemblement National (RN) annähern sollte. „Der RN bedeutet keine Gefahr für Frankreich“, erklärt Sarkozy, der zwei Seiten lang die „wunderbare Überraschung“ beschreibt, dass RN-Fraktionschefin Marine Le Pen ihn öffentlich unterstützte.

Beide eint die Wut auf die französische Justiz, von der sie sich ungerecht behandelt fühlen. Die wegen der Veruntreuung von EU-Geldern verurteilte Le Pen stellt sich gerne als Opfer eines politischen Prozesses dar, während Sarkozy überzeugt ist, dass seine Richter ihn aus „Hass“ verurteilt hätten.

Er habe Le Pen aus dem Gefängnis angerufen, um sich für ihre Unterstützung zu bedanken, schreibt Sarkozy. Dabei habe er ihr gesagt, dass er nichts davon halte, eine „Brandmauer“ gegen den RN zu unterstützen, schrieb Sarkozy. Dazu wolle er sich zu gegebener Zeit auch öffentlich äußern.

Vize-Parteichef Sébastien Chenu habe ihm jede Woche in Haft einen persönlichen Brief geschrieben, berichtete Sarkozy und bedauerte „die Verteufelung vieler Frauen und Männer durch die Linken“. Seine eigene Partei könne nur wieder nach oben kommen, wenn sie sich auf ein möglichst breites Bündnis einlasse, „ohne jedes Tabu“.

Vor einem Monat wurde Sarkozy unter Auflagen aus der Haft entlassen, seine Frau Carla Bruni holte ihn ab. Im Frühjahr steht sein Berufungsprozess in der Affäre um libysche Wahlkampfgelder an. Falls das Berufungsgericht die fünfjährige Haftstrafe wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung bestätigen sollte, weiß Sarkozy zumindest, was ihn erwartet. Und was aus der Brandmauer wird, könnte sich am Tag vor dem Prozessbeginn zeigen, dann sind in Frankreich nämlich Kommunalwahlen.

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