Russlands Krieg in der Ukraine dauert an – trotz des Versprechens von US-Präsident Donald Trump, den Konflikt innerhalb von 24 Stunden nach seiner Rückkehr ins Amt im Januar 2025 zu beenden. Sollte es Trump letztlich doch gelingen, ein Friedensabkommen zu vermitteln, müsste dieses auch die Zukunft der von Russland besetzten Gebiete in der Ukraine regeln. Für die internationale Presse spielt Deutschland für den Erfolg der Verhandlungen eine entscheidende Rolle, insbesondere Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU).
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„Neue Zürcher Zeitung“, Schweiz:
Friedrich Merz ist dabei, in eine Rolle hineinzuwachsen, die deutsche Kanzler lange gemieden haben: die des wichtigsten europäischen Gegenspielers von Wladimir Putin. Er tut das weniger aus persönlichem Machtwillen als aus purer Notwendigkeit. Als Donald Trump 2017 zum ersten Mal Präsident wurde, erklärten viele Beobachter Angela Merkel zur neuen Anführerin der freien Welt. Das war vor allem eine Projektion von Trump-Kritikern und hatte mit konkreten Handlungen wenig zu tun. (…)
Deutschland ist der mächtigste Staat der EU, vor allem wirtschaftlich. Damit ist es mittelfristig auch militärisch leistungsfähiger als etwa Frankreich und Großbritannien, die zudem deutlich höher verschuldet sind und massive innenpolitische Probleme haben.
Merz hat diese Realität erkannt und akzeptiert. Anders als Merkel nach 2014 setzt er nicht mehr auf die Illusion, mit Moskau zu einer schnellen Verständigung zu gelangen. Trotzdem lässt er nichts unversucht, um den Konflikt nachhaltig zu lösen, ohne dabei die ukrainische Souveränität zu gefährden und Moskaus völkerrechtswidrige Landnahme zu belohnen. Er tut das, obwohl die Unterstützung in der Bevölkerung für Waffenlieferungen schwindet und Linkspartei und AfD bei jeder Gelegenheit dagegen wettern.
„Wall Street Journal“, USA:
Europas Wähler müssen entscheiden, ob sie bereit sind, auf einige Sozialleistungen zu verzichten, um ihre nationale Sicherheit zu gewährleisten. (...) Verschärfend kommt hinzu, dass Europa zu befürchten beginnt, dass es Präsident (Donald) Trump ernst meinen könnte mit seiner Aussage, Europa solle seine Verteidigung selbst finanzieren. (...) Die Europäer hatten gehofft, Trumps Kritik sei ein Verhandlungstrick. Doch Vizepräsident J.D. Vance und seine Verbündeten im Pentagon sind tatsächlich überzeugt, dass die USA in Europa eine geringere Rolle spielen sollten.
Es ist ein verzerrtes amerikanisches Bild von Europa, dass sich niemand auf dem Kontinent für Verteidigung interessiert. Das trifft zwar auf viele Politiker zu, doch einige – und von den wichtigsten die meisten – haben die Gefahren schon seit einiger Zeit klar erkannt. Die Herausforderung besteht darin, die europäischen Wähler davon zu überzeugen, im Interesse der Verteidigung Opfer zu bringen. Viel hängt davon ab, ob die jüngste rhetorische Offensive die politische Stimmung dreht.
„Corriere della Sera“, Italien:
Die neue Sicherheitsstrategie Trumps reduziert die EU auf eine bloße transnationale Organisation, die man besser abschaffen sollte. Das Wachstum „patriotischer europäischer Parteien“ ist für die derzeitige US-Administration eine Quelle für großen Optimismus. Dies ruft verständliche Besorgnis hervor. Wir wissen, dass es nicht leicht ist, zu regieren, wenn starke Anti-System-Kräfte präsent sind, die die Legitimität der institutionellen Ordnung infrage stellen.
Das Problem darf nicht unterschätzt werden. Aber es ist nicht gesagt, dass diese Ideologie eine Herausforderung für die EU bleibt. Man kann sich vielmehr einen Prozess der schrittweisen Integration euroskeptischer Parteien in das System vorstellen. Politikwissenschaftler nennen dies Normalisierung: Anti-System-Parteien mäßigen ihre Positionen, und ihre Wähler unterstützen dies.
Einige Signale weisen in diese Richtung. (...) Die euroskeptische Wählerschaft hat tatsächlich inzwischen begonnen zu verstehen, dass die EU eigentlich gar nicht so schlecht ist und daher auch verteidigt werden sollte. Hoffen wir, dass sich die Normalisierung auch unter den Eliten dieser Parteien beschleunigt, insbesondere innerhalb der Patrioten, und damit die optimistischen Erwartungen Trumps (aber auch Wladimir Putins und Xi Jinpings) widerlegt.
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