Die Inbetriebnahme des Fehmarnbelttunnels mit der dazugehörenden Inlandsanbindung in Deutschland verzögert sich vermutlich um Jahre. Nach Einschätzung des Eisenbahnbundesamtes ist der bisherige Zeitplan Ende 2029 für die Fertigstellung der Fehmarnsundquerung nicht zu halten. „Die Bauzeit für das Tunnelbauwerk und der Anschlussinfrastruktur beträgt mitsamt der Inbetriebnahme ca. 6 Jahre und 5 Monate“, heißt es in einer Bekanntmachung des Amtes vom Montag. Der geplante Absenktunnel durch den Fehmarnsund ist der komplizierteste Teil bei der deutschen Inlandsanbindung des Fehmarnbelttunnels an Straße und Schiene.

Bislang hat die Deutsche Bahn kommuniziert, mit dem Bau des 2,2 Kilometer langen Fehmarnsundtunnels Anfang 2026 beginnen zu wollen. Basierend auf der Einschätzung des Eisenbahnbundesamtes liefe das auf eine Fertigstellung der gesamten deutschen Inlandsanbindung bis Mitte 2032 hinaus. Ein Sprecher der Deutschen Bahn sagte dem NDR allerdings, man halte „nach wie vor an dem Ziel fest, gemeinsam mit den Dänen in Betrieb zu gehen“. Die dänische Realisierungsgesellschaft Femern A/S geht bislang ebenfalls noch von einer Fertigstellung des Fehmarnbelttunnels bis Ende 2029 aus. Allerdings verzögert sich der Bau des Tunnels durch die Ostsee derzeit, weil die Zertifizierung der für die Absenkung der Tunnelelemente nötigen Spezialschiffe noch nicht abgeschlossen ist

„Wieder einmal verzögert sich ein wichtiges europäisches Verkehrsprojekt, weil Deutschland seinen Projektanteil nicht rechtzeitig fertigstellen kann. Bei den jetzt geplanten gut 6,5 Jahren Bauzeit für den neuen Fehmarnsundtunnel wird die Hinterlandanbindung auf deutscher Seite deutlich später als Ende 2029 fertig“, sagte Stefan Seidler, fraktionsloser Abgeordneter des Südschleswigschen Wählerverbandes (SSW) im Deutschen Bundestag. „In Dänemark wird man also sprichwörtlich in die Röhre schauen.“

Unglücklich sei dabei auch, dass „die Deutsche Bahn nur stückchenweise informiert. Für diese Salami-Taktik habe ich absolut kein Verständnis. Seit vielen Monaten war absehbar, dass der angekündigte Termin kaum zu halten sein wird. Diese Information hätte schon längst im Deutschen Bundestag auf den Tisch gemusst, damit über Lösungsansätze gesprochen werden kann. Steuerfinanzierte Projekte brauchen Transparenz.“

Seit längerer Zeit war darüber diskutiert worden, dass sich der komplizierte Bau eines Absenktunnels am Fehmarnsund verzögern könnte. Die Fabrik für die Tunnelelemente des Fehmarnbelttunnels in Rødbyhavn auf Lolland kann für die Tunnelelemente am Fehmarnsund nicht genutzt werden, das Wasser bei Fehmarn ist zu flach, um die Elemente von Dänemark heranzuschleppen. Bei Großenbrode will die Deutsche Bahn deshalb eine eigene Fabrik für die Elemente des Fehmarnsundtunnels errichten. Die Bahn baut den Fehmarnsundtunnel gemeinsam mit der Fernstraßengesellschaft Deges des Bundes.

Der 18 Kilometer lange Fehmarnbelttunnel und die 88 Kilometer lange Inlandsanbindung soll die Fahrzeit für Schnellzüge zwischen Hamburg und Kopenhagen auf etwa zweieinhalb Stunden halbieren. Für Güterzüge bringt der Fehmarnbelttunnel eine Abkürzung um etwa 160 Kilometer im Vergleich zur heutigen Route über Flensburg und Fredericia.

Sollte sich der Bau des Fehmarnsundtunnels erheblich verzögern, könnte für eine Übergangszeit die denkmalgeschützte Fehmarnsundbrücke aus den 1960er-Jahren elektrifiziert werden – das ist bislang der Alternativplan der Deutschen Bahn. Damit würde die dänisch-deutsche Verbindung allerdings nicht ihre volle Effektivität entfalten können.

Zudem geht das Eisenbahnbundesamt offenbar nicht davon aus, dass eine solche Elektrifizierung tatsächlich realisierbar ist. „Bis zur Inbetriebnahme des Vorhabens ist in dem gegenständlichen Planfeststellungsabschnitt kein planmäßiger Eisenbahnverkehr über die Strecke 1100 von und zur Insel Fehmarn vorgesehen“, heißt es in der Stellungnahme zur öffentlichen Auslegung der Planungsunterlagen vom Montag. „Die Fehmarnsundbrücke bleibt im Übrigen bauzeitlich für alle Verkehrsarten mit Ausnahme des Eisenbahnverkehrs verfügbar. Die Anpassung und Umrüstung der bestehenden Fehrmarnsundbrücke für den langsam fahrenden Straßenverkehr, Fußgänger und Radfahrer sind ein separates Vorhaben.“

Olaf Preuß ist Wirtschaftsreporter von WELT und WELT AM SONNTAG für Hamburg und Norddeutschland. Er berichtet seit vielen Jahren über den Bau des Fehmarnbelttunnels und die Inlandsanbindung in Deutschland.

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